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Weber, Gregor [Hrsg.]
Kulturgeschichte des Hellenismus: von Alexander dem Großen bis Kleopatra — Stuttgart: Klett-Cotta, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.45206#0079
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ter Neutralität. Die Erbitterung des Aratos über den Fehlschlag seiner politi-
schen Bemühungen klingt noch in den Worten nach, mit denen Polybios — wohl
ebenfalls im Rekurs auf die Memoiren des Aratos — das Scheitern seiner Pläne
kommentiert: »Die Athener, von der Furcht vor Makedonien befreit und in der
Meinung, schon im sicheren Besitz der Freiheit zu sein, nahmen ... an keiner
der übrigen griechischen Unternehmungen teil. Vielmehr ... biederten sie sich
bei allen Königen an, am meisten von diesen aber bei Ptolemaios« (5,106,6—8;
Übers, nach Chr. Habicht). Die Athener hegten damals offensichtlich die Hoff-
nung, nach Jahrzehnten der Unfreiheit bruchlos in die Bahnen ihrer alten Außen-
politik zurückkehren und wieder einen eigenständigen Kurs steuern zu können,
um so die neu errungene Freiheit zu verteidigen. Der von Aratos angebotene
Eintritt in den Achaiischen Bundesstaat bildete demgegenüber offensichtlich in
ihren Augen keine akzeptable Option. Die rigide Absage an Aratos war allerdings
von einer Überschätzung der eigenen machtpolitischen Möglichkeiten und von
einem gewissen Atavismus getragen, von dem die attische Politik auch in der
Folgezeit geprägt bleiben sollte. Die Sorge um den Verlust der gerade wiederge-
wonnenen Souveränität dürfte für die Athener zumindest mit ausschlaggebend
dafür gewesen sein, sich vom Achaiischen Bund fernzuhalten und sich nach
anderen Koalitionspartnern umzuschauen.
Die Zeichen der Zeit wiesen jedoch in eine andere Richtung. Damals hat-
ten sich in Griechenland bundesstaatliche Zusammenschlüsse durchaus als
eine Alternative zu den gängigen Mustern machtpolitischer Bündnisse heraus-
gebildet und ihre politische Schlagkraft unter Beweis gestellt. Ihre Attraktion
bestand vor allem darin, daß sie neue Perspektiven eröffneten, um die Schwä-
chen auszugleichen, die bei andersgearteten bi- oder multilateralen Allianzen
immer wieder den zwischenstaatlichen Zusammenhalt prekär werden ließen.
Die föderalstaatliche Struktur zwang die Polis, die einem solchen Bundesstaat
beitrat, zwar einerseits in einen institutionell festgefügten Verbund unter Auf-
gabe eines Teils ihrer Souveränität; innerhalb dieses Verbundes bot eine solche
Struktur aber andererseits die Möglichkeit, den Eigeninteressen der Einzelstaa-
ten angemessen Rechung zu tragen.
Im Kern ging es darum, Einzelstaaten übergreifende politische Aktionsbünd-
nisse zu schaffen, die jedem Bündner durch den Zusammenschluß sowohl
ein erhöhtes Maß an Sicherheit und Stärke boten, die zugleich aber auch in
einem austarierten Zusammenspiel zwischen der jeweiligen Bundesgewalt und
den Gliedstaaten eine angemessene Teilhabe jeder einzelnen Bundespolis am
politischen Entscheidungsprozeß sicherstellten. Um dies zu erreichen, wurde
parallel zu den politischen Entscheidungsorganen der Gliedstaaten auf der Bun-

DIE STAATLICHE NEUFORMIERUNG GRIECHENLANDS

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