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Weber, Gregor [Hrsg.]
Kulturgeschichte des Hellenismus: von Alexander dem Großen bis Kleopatra — Stuttgart: Klett-Cotta, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.45206#0202
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DIE KULTUR DES KRIEGES

von Burkhard Meißner

»Denn dem Feind seine Festungen, Häfen, Städte, Leute, Schiffe, Ernte-
erträge wegzunehmen oder sie zu vernichten und ähnliches sonst zu tun,
wodurch der Gegner geschwächt, die eigene Macht gestärkt, die Unterneh-
mungen wirksamer werden, dazu zwingen die Gesetze des Krieges und das
Kriegsrecht. Ohne Aussicht aber, die eigenen Interessen irgendwie zu fördern
oder dem Feind Abbruch zu tun, Tempel, die bei ihnen aufgestellten Statuen
und andere Kunstwerke sinnlos zu zerstören, muß man das nicht als die Tat
eines Wahnsinnigen bezeichnen? Denn nicht mit dem Ziel der Vernichtung
und Ausrottung sollen gute Männer mit den Böswilligen kämpfen, sondern
dazu, daß sie von ihren Missetaten lassen und sich bessern. ... Ebenso ist es
auch beim Krieg. Wenn man ihn erst einmal entfacht hat, richtet er manch-
mal die zuerst zugrunde, die es getan haben, manchmal bricht er verder-
benbringend, blind und ungerecht über alles herein, was auf seinem Weg
liegt, immer wieder von neuem aufflammend und weitergetragen vom Wind
durch die Verblendung derer, die ihm nahekommen.« (Pol. 5,11,3—5 und 11,4,5;
Übers, nach H. Drexler)
Krieg und Kriegserfahrung verstehen sich im folgenden weniger als Details der
Kriegführung, als Strategien, Operationen, Taktiken oder Sozialgeschichte des
Krieges, sondern als Veränderungen in der »Kultur des Krieges«,1 als Einflüsse
kultureller Wandlungen auf den Krieg und als Wirkungen, die die Veränderun-
gen der Kriegführung auf Kultur und Lebensformen ausübten. Krieg und Kampf
sowie alles, was damit zusammenhängt, gehören grundsätzlich nämlich in einem
weiten Sinn zur Kultur, d. h. zu den mit Hingabe gepflegten Lebensformen.
Charakteristisch für das Verhältnis von Krieg und Kultur in der Zeit vom Tod
Alexanders 323 bis 30 v. Chr. sind folgende drei Entwicklungstendenzen:
1. Intensivierung und Häufung des Belagerungs- und Entfestigungskrieges, ver-
bunden mit der Mechanisierung dieses Krieges, der Vergrößerung materiel-

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DIE KULTUR DES KRIEGES
 
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