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Weber, Gregor [Hrsg.]
Kulturgeschichte des Hellenismus: von Alexander dem Großen bis Kleopatra — Stuttgart: Klett-Cotta, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.45206#0379
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BILANZ UND PERSPEKTIVEN

von Gregor Weber

Die Epoche des Hellenismus ist mehr denn je von einem stetigen Wissenszu-
wachs geprägt, was sich als wesentlicher Faktor für die Beschäftigung mit ent-
sprechenden Themenfeldern erweist. Dies gilt weniger für die literarische Über-
lieferung, etwa für die Geschichtsschreibung, die weitgehend verloren gegangen
ist, als vielmehr für Inschriften auf Stein und Papyrustexte in griechischer Spra-
che. Hier treten immer noch wirkliche Überraschungen zutage, wofür etwa der
möglicherweise eigenhändige Schlußvermerk von Kleopatra VII. oder über hun-
dert neue Epigramme mit über 600 Versen des Dichters Poseidippos aus der
ersten Hälfte des 3. Jh.s v. Chr. auf Papyrus angeführt werden können.1 Derartige
Funde regen darüber hinaus im Verbund mit innovativen, etwa der Literaturwis-
senschaft entlehnten Methoden zur erneuten Beschäftigung mit bereits länger
bekannten Texten an.3 Auch die beträchtliche Quantität des Materials, wie man
sie etwa für einen Ort in einem bestimmten, dann sehr engen Zeitabschnitt vor-
findet, macht eine neue Art der Auswertung möglich, wenngleich man nicht das
qualitative und quantitative Niveau der seriellen Quellen erreicht, wie sie für
die Neuzeit mit umfangreichen Archiven, Tagebuchaufzeichnungen und Brie-
fen gebräuchlich sind.3 Zusätzlich zu einer intensivierten Grabungstätigkeit im
Mittelmeerraum und den angrenzenden Gebieten sowie der entsprechenden
Auswertung des Materials haben nicht zuletzt die verschiedenen Survey-Akti-
vitäten dazu beigetragen, daß einzelne Regionen jenseits einer Konzentration
auf die eigentlichen Siedlungen in ihren komplexen Stadt-Land-Beziehungen
zu erfassen versucht werden.4 Schließlich führt die zunehmende Edition von
Texten, die nicht dem griechischen Kulturkreis entstammen — z.B. im Bereich
der demotischen, d.h. volkssprachlich-ägyptischen Zeugnisse und der baby-
lonischen Keilschrifttafeln, für die es weltweit nur wenige Dutzend Experten
gibt —, zu neuen Perspektiven und einer ganz erheblichen Erweiterung unseres
Verstehenshorizonts.5 Damit erfährt nämlich auch der methodische Ansatz, von
einem rein griechischen Blick auf die hellenistische Zeit Abstand zu nehmen,
eine kontinuierliche Unterstützung.6

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BILANZ UND PERSPEKTIVEN
 
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