Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weber, Gregor [Hrsg.]
Kulturgeschichte des Hellenismus: von Alexander dem Großen bis Kleopatra — Stuttgart: Klett-Cotta, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45206#0177
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
WIRTSCHAFTLICHES WACHSTUM
UND INSTITUTIONELLER WANDEL
von Sitta von Reden

In den dreißiger oder zwanziger Jahren des 3. Jh.s v. Chr. kamen öffentlich beauf-
tragte Getreidekäufer (sitönai) aus Histiaia auf Euboia nach Delos, um Getreide
für ihre Stadt zu erwerben. Ihre Mission verlief erfolgreich, nicht zuletzt dank
der finanziellen Unterstützung eines gewissen Athenodoros aus Rhodos. Denn
Athenodoros lieh den sitönai das Geld für den Getreidekauf, verzichtete auf
den Zins und half ihnen, ihre Geschäfte schnell und bestmöglich abzuwickeln.
Zum Dank spendeten ihm das Volk und der Rat von Histiaia eine Krone, ver-
liehen ihm und seinen Nachkommen das Rürgerrecht sowie das Privileg, mit
den ersten in die Volks- und Ratsversammlungen der Stadt einzuziehen. Dies
sollte auf einer Steintafel (stele) niedergeschrieben und in den Heiligtümern des
Dionysos in Histiaia und des Apollon in Delos aufgestellt werden. Die delische
Version ist uns erhalten und lautet folgendermaßen:
»Das Volk von Histiaia [krönt] Athenodoros, Sohn des Pisagoras. Die Archon-
ten haben beschlossen, daß der Rat dem Volk folgenden Entschluß vorle-
gen soll: Da Athenodoros, Sohn des Pisagoras von Rhodos, sich dauerhaft
wohlgefällig gegenüber dem Volk erweist, und seine Dienste jedem privaten
Rürger, der sie benötigt, und öffentlich der Stadt bereitstellt, und da er den
sitönai, die von der Stadt nach Delos entsandt worden waren, Hilfe anbot
und ihnen ein zinsloses Darlehen gewährte, und ihnen half, ihre Aufgabe
so schnell wie möglich zu erledigen, während er seinen eigenen Vorteil dem
Wohl der Stadt hintanstellte; deswegen und damit alle wissen, daß das Volk
von Histiaia seine Wohltäter zu ehren weiß, und damit noch mehr Menschen
wetteifern, der Stadt Wohltaten zu erweisen, wenn sie sehen, daß ehrenwerte
Menschen geehrt werden. Rei den Götter sei deswegen vom Volk beschlos-
sen, Athenodoros, Sohn des Pisagoras von Rhodos, für seine Wohltätigkeit
gegenüber der Stadt mit einem Kranz zu krönen; und die Krönung soll bei

WIRTSCHAFTLICHES WACHSTUM UND INSTITUTIONELLER WANDEL

177
 
Annotationen