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Weber, Gregor [Hrsg.]
Kulturgeschichte des Hellenismus: von Alexander dem Großen bis Kleopatra — Stuttgart: Klett-Cotta, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.45206#0283
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DIE NÄHE DER MACHT.
NEUE AUFGABEN FÜR DIE KUNST
von Gerhard Zimmer

Die an den Bildwerken der klassischen Epoche entwickelten und erprobten
stilistischen Methoden zur Datierung lassen sich nur bedingt auf die Zeit seit
Alexander dem Großen übertragen.1 Dieses Dilemma ist aber kein Produkt der
aktuellen Forschung, vielmehr ist die Problematik bereits in der frühen römi-
schen Kaiserzeit zu spüren und gipfelt in dem bekannten Ausspruch bei Plinius
cessavit deinde ars (»hierauf ging die Kunst zurück«), der sich auf die Epoche
seit dem Jahre 293 v. Chr. bezieht.3 Wenn Plinius die Kunstentwicklung mit
der 156. Olympiade, d. h. in den Jahren 156 bis 153, wieder einsetzen läßt, steht
hinter dieser Aussage eine klassizistische Kunstauffassung, neben der es auch
andere Strömungen gegeben hat.3
Zentral sind deshalb Überlegungen zu Ikonographie, Inhalt und Technik,
besonders aber zur Bedeutung der neuen Herrschergestalten für die Kunstent-
wicklung und die Rolle der Kunst und des Kunsthandwerks bei der Verbreitung
von Herrschaftsform und Ideologie im Sinne der nonverbalen Kommunikation
innerhalb eines kulturgeschichtlichen Rahmens.
Die neuen Götterbilder
Im Jahre 300 v. Chr. wurde die Stadt Antiocheia am Orontes gegründet. Eine
solche Neugründung erforderte auch eine Stadtgöttin, ohne die altvertraute
Rituale und Zeremonien nicht durchgeführt werden konnten. Die Wahl fiel auf
keine der großen olympischen Gottheiten, sondern auf Tyche, die Göttin des
Schicksals im positiven wie im negativen Sinn. Der Auftrag wurde an Eutychi-
des vergeben, einen Künstler aus der großen Schule des Bildhauers Lysipp.4
Das Kultbild selbst ist uns verloren, doch geben Münzbilder und mehrere
kleinformatige Wiederholungen eine gute Vorstellung davon (Abb. 28). Die Göt-
tin sitzt auf einem Felsen, unter ihr die Personifikation des Flusses Orontes
in Gestalt eines jungen Mannes mit weit ausholenden Schwimmbewegungen.

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DIE NÄHE DER MACHT. NEUE AUFGABEN FÜR DIE KUNST
 
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