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Weber, Gregor [Editor]
Kulturgeschichte des Hellenismus: von Alexander dem Großen bis Kleopatra — Stuttgart: Klett-Cotta, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.45206#0225
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Reichen setzte mit dieser Akkulturation, die zum einen die einheimischen Kul-
turen stark griechisch prägte, zum anderen die griechische Kultur mit ihrer
hellenistischen Ausprägung versah, eine neue Identitätsfindung ein.6 Prozesse
der >Selbsthellenisierung< einheimischer Oberschichten sind Ausdruck für die
Ausbildung einer kulturpolitischen Standardisierung, geradezu einer koine, die
nicht zuletzt durch die zunehmende Kolonisierung nach dem Muster griechi-
scher Poleis intensiviert wurde.7 Vor allem das 3. Jh. v. Chr. läßt sich als eine
Konsolidierungsphase beschreiben, in der sich die politischen Strukturen des
hellenistischen Kräftegleichgewichts ausbildeten,8 in den einzelnen Reichen
sich die jeweils spezielle Herrschaftslegitimation festigte und sich dort die
Lebensart und Kultur der ansiedelnden Griechen als das prägende kulturelle
Element manifestierte.
Zudem vollzog sich in dieser Zeit der Ausbau der Verwaltung nach griechischem
Muster.9 Griechisch wurde — zumindest für die westlichen Reichsteile — zur all-
gemeinen Verwaltungs- und Diplomatensprache;10 wer in Militär oder Verwal-
tung Karriere machen wollte, mußte nicht nur Schrift und Sprache beherrschen,
sondern sich auch griechische Rildung aneignen und ihre Kultur pflegen.11
Ein zivilisatorischer Überlegenheitsanspruch der griechischen Kultur stützt
sich nicht zuletzt auf den militärischen Erfolg Alexanders und auf die politische
Herrschaftsfunktion.13 Dieser wurde in besonderem Maße im Umfeld des Königs
in seiner griechischen Prägung als basileüs und als Wohltäter, euergetes, gepflegt.
Die >griechischen< Residenzstädte wie Seleukeia am Tigris und Alexandreia soll-
ten neue Hochburgen der griechischen Rildung und Künste werden, die mit
den klassischen Zentren wie Athen in Konkurrenz treten könnten.’3 Sie sollten
dadurch ihren geistigen Erfolg den jeweiligen Herrscher als Retter, Rewahrer
und Förderer der griechischen Kultur sichtbar belegen und ihn damit in seiner
königlichen Position legitimieren. Die Rlüte derartiger Residenzen verdeutlichte
nämlich auch eine kulturelle Sieghaftigkeit der hellenistischen Herrscher über
die >unzivilisierten Rarbarem.
Allerdings blieben griechische Polis- und Rildungszentren wie Alexandreia
oder Seleukeia am Tigris angesichts der jeweiligen Reichsgröße musterhafte
Einzelfälle. Ihr Vorbildcharakter erklärt aber kaum befriedigend das weitgehend
erfolgreiche Verhältnis von Griechen und Nichtgriechen im alltäglichen Zusam-
menleben der übrigen Reichsteile.
Die Grundtendenz einer umfassenden Hellenisierung in den orientalischen
Reichen und Ägypten ist bereits vielfach beobachtet und ausführlich besprochen
worden. Die griechische Dominanz in den Akkulturationsprozessen, verbunden
mit ihrer kulturellen Redeutung für die sozio-politischen Strukturen, ist für die

GRIECHEN UND FREMDE

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