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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 15.1915/​1916

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Exter, Julius: Was ist das Lehr- und Lernbare in der Malerei?
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Ganske, Willy: Ein niederdeutscher Maler: Fritz Mackensen: zu seinem 50. Geburtstag am 8. April
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https://doi.org/10.11588/diglit.57056#0370

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Die Merkstatt der Runst.

XV, Heft 28.

Worten Ausdruck verleihen kann. Der Karbenbegabte
mutz die Anwendung der Karben lernen, damit es ihm
möglich wird, Vorgänge, die er nur mit dem geistigen
Auge gesehen hat, farbig zu schildern.
Der Schüler wird zunächst die Karben, die er im
Atelierlicht sieht, nachmischen. Damit hat er aber
noch kein freies Schaffen errungen, das nötig ist, um
selbständig den Beruf als Maler ausüben zu können.
Karbenanwendung mutz man dort lernen, wo Karben-
erscheinungen am mannigfaltigsten sind, und das ist
in der freien Natur.
Der Schüler mutz Akt im Kreien, Landschaft in
Verbindung mit Mensch und Tier malen; er mutz
die Karbenstimmungen der Natur begreifen lernen,
dann wird seine Farbengebung vielseitig und es wird
befruchtend auf seine Phantasie einwirken, die bei dem
Maler doch wichtig ist, denn er soll nicht zeitlebens
Studien, er soll Bilder malen, und dazu gehört
Karbenphantasie, die er nötig hat, auch wenn er nur
ein einfaches Stilleben malt.
Zu den praktischen Übungen gehört die Erlernung
der Art und Weise, wie ein Bild herzustellen ist. von
der Karbenskizze bis zur Vollendung eines Bildes ist
ein weiter Weg. Vie lineare Nomposition, Raum-
gestaltung, Verteilung von hell und Dunkel, Farben-
komposition bedürfen zur Festlegung handwerklicher
Vorbereitungen, die mannigfaltig und je nach dem,
was und mit was dargestellt werden soll, zu richten
sind.
Die Beantwortung der zweiten Krage: „Rann bei
Erlernung des Handwerks die Überlieferung voll-
ständig ausgeschaltet werden?" ist jetzt gegeben. Der

Schüler kann die verschiedenen Arten wie Bilder her-
gestellt würden am besten in den Werken, die über-
liefert worden sind, studieren. Er wird daraus er-
kennen, wie sorgfältig die Vorbereitungen waren, und
zugleich kann er auch die Wirkungen, die auf Grund
der Vorbereitungen erzielt worden sind, sehen. Damit
sollte sich der kunstgeschichtliche Unterricht befassen, in
dem auch gelehrt werden mützte, wie die Malerei
infolge Verbesserung des Handwerks sich im Laufe
der Jahrhunderte entwickelte und wie die Nom-
positionsweise sich veränderte.
Nomposition gleichbedeutend mit Bauweise, An-
ordnung oder Zusammensetzung zu lehren, d. h. zu
sagen: es gibt bestimmte Arten und Weisen, wie ein
Bild angeordnet werden soll, ist undenkbar. Zm
Grunde genommen ist Nomposition unlehrbar, weil
der Aufbau eines Bildes in allen erdenklichen Arten
und Weisen erfolgen kann, und weil das Nom-
ponieren zu sehr persönliche Empfindungssache ist.
Durch den kunstgeschichtlichen Unterricht, in dem
erklärt wird, wie aus der Flächen- die Raumkompo-
sition entwickelt wurde, ist das Gesichtsfeld des Schü-
lers zu erweitern. Das ist theoretischer Unterricht, in
dem fertige Tatsachen vorgeführt werden; in dem
praktischen Unterricht ist der Schüler derart zu lenken,
datz er nicht zum einfachen Nachahmer dessen, was
schon da war, wird.
Man soll aus dem, was in den Jahrhunderten
Grotzes und Schönes hervorgebracht wurde, lernen;
aber es sollen keine Nachahmer erzogen werden.
München, Februar 1916. Julius Exter.

nieäercieullcker Waler: frltz Wackenlen
zu seinem 50. Geburtstag am 8. April.
Von Mllg Ganske.

jver in Weimar als Direktor der Grotzherzoglich-
sächsischen Hochschule wirkende Maler Professor Fritz
Mackensen vollendete am 8. April sein 50. Lebensjahr.
Oer Name dieses starken niederdeutschen Nünstlers ist
für alle Zeiten mit Worpswede verknüpft, jenem bei
Bremen gelegenen niedersächsischen Moordorf, dessen
schwermütige herbe Landschaft der junge Akademiker
Mackensen bereits 1884 entdeckte. Fritz Mackensen ist
im Jahre 1866 in dem braunschweigischen Flecken
Greens bei Nreiensen geboren. Sein Vater zeichnete
selbst und vermittelte seinem Sohne früh die liebe-
volle Anschauung der Natur. Auf dem Ggmnasium
zu Holzminden entwickelte sich die malerische Be-
gabung des Nnaben mit Hilfe eines ihn fördernden
Zeichenlehrers weiter, so datz in dem Heranwachsenden
der Entschluß Maler zu werden erwachte. 1884 durfte
er die Akademie in Düsseldorf beziehen, wo neben
Peter Jansen der so früh dahingeschiedene Bockel-
mann seine künstlerische Entwicklung beeinflußte.
Vie Tochter seiner Düsseldorfer Wirtin erzählte
ihm von den Reizen des Dorfes Worpswede und als
der junge Nünftler zum ersten Mal die herbe Schön-

heit des einsamen Moordorfes sah, fühlte er, datz in
dieser Umgebung sich die Neime seiner Nunst ent-
falten würden. Als er sich dann in München unter
Fritz August Naulbach und Diez weiterbildete, wirkten
die Bilder Rembrandts, Feuerbachs und Böcklins
stärker auf ihn als seine Lehrer, hier trat er auch dem
Trierer Hans vom Ende näher und mit diesem und dem
Düsseldorfer Freunde Otto Modersohn zog er im
Juni 1889 nach Worpswede, wo sie einen prächtigen
Sommer verlebten. Als sich im Herbst lodernde Far-
benpracht über Heide, Moor und Wiesen ergoß und
die Birken und die ganze Landschaft in violetten
Schimmer getaucht war, sollte die Stunde des Ab-
schiedes kommen: Die Noffer waren gepackt und die
Drei machten einen letzten Gang durch das Moor.
Doch unter dem braunroten Zauber der Herbstland-
schaft brachen alle Vorsätze, nach München zurückzu-
kehren, zusammen. Oie drei Maler ließen Akademie
Akademie sein und beschlossen, den Winter in Worps-
wede zuzubringen. Ein reicher Bauer öffnete ihnen
gastfrei sein Gehöft. Seit jener Zeit verlebten die
Drei Sommer für Sommer in Worpswede. Zwischen-
 
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