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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 3.1908

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Hamann, Richard: Das Wesen des Plastischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3433#0017
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DAS WESEN DES PLASTISCHEN. 13

kann ungefähr das Entgegengesetzte vom plastisch Wesentlichen und
dies wieder vom porträtmäßig Wesentlichen sein.

Was gewinnen und verlieren wir nun in einer plastischen Malerei?
wo es sich um ein Bild in einem Rahmen handelt, sicherlich die Bild-
einheit. Der Rahmen läßt das Bild anfangen, wo der Rahmen aufhört,
verlangt auch als Bildschmuck eine Ausfüllung innerhalb des Rahmens.
Dagegen läßt die plastische Malerei die Wirkung erst eintreten, wo
der oder die Körper beginnen, durchlöchert und zerreißt das Bild, der
Hintergrund bleibt ja leer. Wo der Hintergrund dennoch ausgeführt
Ist> leidet die Plastik des Körpers darunter, wir können ihn nicht mehr
jn gleicher Weise als freistehend empfinden. Sehen wir nämlich mit
konvergierendem Auge auf ein nahes, vom Hintergrund entferntes Ob-
jekt, so sehen wir nur dies deutlich, der Hintergrund verschwimmt, bleibt
noeachtet. Dagegen sind im Bilde Hintergrund und gemalter Körper
real in gleicher Entfernung vom Auge, der Kontur des Körpers und
es Hintergrundes gleich deutlich und damit ohne gleich wirksame
istanz wie in Wirklichkeit voneinander wahrnehmbar. Dann aber
ersagt uns so wie so das Gemälde das Glück des freien Körpers,
en Wjr ganz umfassen, um Jen wjr herumgehen könnten. Wir
onnen die Rundung nach hinten nur ahnen, aber ihre Wahrnehmung,
•e erst die Körperlichkeit vollenden würde, bleibt uns verschlossen,
ließlich bleibt die gemalte Plastik und somit jede Photographie
n einer Plastik immer flacher als der wirkliche Körper, weil ein
ment des plastischen Sehens im Bilde nicht zu geben ist, daß sich
seh • ^e' ^ec*er Bewegung des Kopfes und somit beim Herum-
ver k-611 Um ^'e ^'gur ^'e Teile verschiedener Tiefe gegeneinander
'eben, es fehlt also das, was man psychologisch Parallaxe nennt,
kann h S*e^ ^as ^es*: Keine gerr>alte Plastik, keine Photographie
nicht en nc*ruck einer Freiplastik ersetzen. Die Photographie wird
zurück ' aDer steht an plastischer Kraft hinter jedem Gipsabguß

zerstö ,st'sche Darstellung kann auf ein Gemälde außerordentlich
keine R-u .W'r'<en' ur,d sie hat deshalb auch nur rechten Sinn, wo sie
keit ri .einheit voraussetzt und wo durch die Ferne und Einseitig-
aj ,. nblicks eine Freiplastik so wie so nicht mehr leisten würde
tuno- • e ^astik, z. B. bei der illusionistisch plastischen Gestal-

stis i/'aT fer"en Arcllitekturwand, einer Decke. So häßlich die pia-
ist H-6 a ••' 'n ^er heiligen Familie Michelangelos als bildzerstörend
rechtfC S1Xtinische Decke ist als illusionistische Plastik glänzend ge-

o aber ein plastisches Kunstwerk uns völlig zugänglich ist, dort
nen alle plastischen Kräfte nur ganz in Aktion treten, wenn das
stwerk frei im Raum als ein Körper vor uns steht, so wie es der
 
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