DER ÄSTHETISCHE GEGENSTAND. 81
individuellen Ton machen, eine Höhe, Intensität, Dauer und Klangfarbe.
Naturwissenschaftlich-mathematisch ausgedrückt: der »Ton überhaupt«
ist als Funktion jener vier Variabein anzusehen, durch deren Fixierung
er eindeutig bestimmt ist.
Als Folgerungen aus dieser Definition, bezw. als Eigenarten, die
aus diesen sein Wesen konstituierenden Merkmalen sekundär hervor-
gehen, wäre dann anzuführen, daß jeder solche Ton zerstückbar ist —
faktisch bis zur Grenze der Unterschiedsempfindlichkeit, gedanklich in
infinitum bezw. bis zur einzelnen Tonschwingung, daß solche Töne
sich kontinuierlich und diskontinuierlich aneinanderreihen lassen u.s. w.1).
Auch ein — geometrischer — Körper läßt sich eindeutig bestimmen
durch Angabe der Höhen-, Breiten- und Längenverhältnisse, aber er
ist dadurch nicht beschrieben. Es ist vorausgesetzt, daß wir schon
die Eigenarten 1-, 2- und 3-dimensionaler Ausdehnung kennen. —
Ebenso hier beim Ton. — Nun ist freilich zuzugeben, daß eine Ton-
höhe etwas nicht weiter zu Beschreibendes ist; sondern etwas Ein-
faches, auf das man nur hinweisen kann. Sie hat auch nicht ihres-
gleichen, nichts, womit man sie analogisieren könnte. Aber die gesamte
Tonhöhenmannigfaltigkeit einerseits, das Verhältnis von Höhe und
Intensität u. s. w. anderseits ist einer gewissen mittelbaren Beschrei-
bung noch zugänglich. Uns interessiert hier nur das letztere; und
wir können bei der Durchführung eine von Husserl in der ge-
nannten Vorlesung skizzenhaft gegebene phänomenologische Analyse
benutzen.
Bei einer Tonwahrnehmung haben wir einen einfachen, nicht weiter
zu beschreibenden »Inhalt«, das repräsentierende Tonbild, welches
macht, daß wir nicht eine leere Tonmeinung haben, sondern eine er-
füllte, eine von Anschauung getragene »Wahrnehmung«. — Der mittels
und in diesem »Inhalt« gemeinte Gegenstand, der in verschiedenen
individuellen Wahrnehmungen der identische sein kann, besitzt nun
jene verschiedenen »Seiten«, sichtlich aber nicht in koordinierter Weise.
Die Tonhöhe scheint für den Ton am wesentlichsten, die Klang-
farbe am unwesentlichsten zu sein; nach der Höhe wird der Ton be-
nannt, an ihr wiedererkannt. Natürlich kann es sich hier nicht um
eine Relativität von Wesenszugehörigkeit handeln, da mit Evidenz ein-
zusehen ist, daß nie einer der Faktoren fehlen kann, die Klangfarbe so
wenig wie die Höhe, und ein Mehr oder Weniger von Zugehörigkeit
daher keinen Sinn hat. — Anderseits ist aber zu betonen, daß es sich
auch nicht um eine bloße subjektive Bevorzugung von mir und viel-
leicht von den meisten Menschen handelt. Dies mag außerdem noch
') Näheres in dem Abschnitt über das »akustische Naturobjekt«.
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. III.
individuellen Ton machen, eine Höhe, Intensität, Dauer und Klangfarbe.
Naturwissenschaftlich-mathematisch ausgedrückt: der »Ton überhaupt«
ist als Funktion jener vier Variabein anzusehen, durch deren Fixierung
er eindeutig bestimmt ist.
Als Folgerungen aus dieser Definition, bezw. als Eigenarten, die
aus diesen sein Wesen konstituierenden Merkmalen sekundär hervor-
gehen, wäre dann anzuführen, daß jeder solche Ton zerstückbar ist —
faktisch bis zur Grenze der Unterschiedsempfindlichkeit, gedanklich in
infinitum bezw. bis zur einzelnen Tonschwingung, daß solche Töne
sich kontinuierlich und diskontinuierlich aneinanderreihen lassen u.s. w.1).
Auch ein — geometrischer — Körper läßt sich eindeutig bestimmen
durch Angabe der Höhen-, Breiten- und Längenverhältnisse, aber er
ist dadurch nicht beschrieben. Es ist vorausgesetzt, daß wir schon
die Eigenarten 1-, 2- und 3-dimensionaler Ausdehnung kennen. —
Ebenso hier beim Ton. — Nun ist freilich zuzugeben, daß eine Ton-
höhe etwas nicht weiter zu Beschreibendes ist; sondern etwas Ein-
faches, auf das man nur hinweisen kann. Sie hat auch nicht ihres-
gleichen, nichts, womit man sie analogisieren könnte. Aber die gesamte
Tonhöhenmannigfaltigkeit einerseits, das Verhältnis von Höhe und
Intensität u. s. w. anderseits ist einer gewissen mittelbaren Beschrei-
bung noch zugänglich. Uns interessiert hier nur das letztere; und
wir können bei der Durchführung eine von Husserl in der ge-
nannten Vorlesung skizzenhaft gegebene phänomenologische Analyse
benutzen.
Bei einer Tonwahrnehmung haben wir einen einfachen, nicht weiter
zu beschreibenden »Inhalt«, das repräsentierende Tonbild, welches
macht, daß wir nicht eine leere Tonmeinung haben, sondern eine er-
füllte, eine von Anschauung getragene »Wahrnehmung«. — Der mittels
und in diesem »Inhalt« gemeinte Gegenstand, der in verschiedenen
individuellen Wahrnehmungen der identische sein kann, besitzt nun
jene verschiedenen »Seiten«, sichtlich aber nicht in koordinierter Weise.
Die Tonhöhe scheint für den Ton am wesentlichsten, die Klang-
farbe am unwesentlichsten zu sein; nach der Höhe wird der Ton be-
nannt, an ihr wiedererkannt. Natürlich kann es sich hier nicht um
eine Relativität von Wesenszugehörigkeit handeln, da mit Evidenz ein-
zusehen ist, daß nie einer der Faktoren fehlen kann, die Klangfarbe so
wenig wie die Höhe, und ein Mehr oder Weniger von Zugehörigkeit
daher keinen Sinn hat. — Anderseits ist aber zu betonen, daß es sich
auch nicht um eine bloße subjektive Bevorzugung von mir und viel-
leicht von den meisten Menschen handelt. Dies mag außerdem noch
') Näheres in dem Abschnitt über das »akustische Naturobjekt«.
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. III.