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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 3.1908

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Hamann, Richard: Dekorative Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3433#0291
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DEKORATIVE PLASTIK.

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Rahmen angibt. Außerdem bedeutet diese Darstellung die stärkste
Auflösung des Materialcharakters des Reliefs, da das Fernbild mit dem
Eindruck unplastischer Medien, von Luft, Atmosphäre verbunden ist.
Das beste Beispiel kennen wir von Donatello, die Kreuzabnahme der
Kanzelreliefs von S. Lorenzo in Florenz.

Die malerisch darstellenden Reliefs sind von aller dekorativen Wir-
kung am weitesten entfernt. Sie machen sich das Gebäude dienstbar,
statt daß es umgekehrt wäre, und zwar um so mehr, je schöner und
packender sie sind. Aber alle unplastischen Reliefs sind von der archi-
tektonischen Rücksicht selbst des barocken Reliefs um einen Grad
entfernt, da dieses uns die Architekturfläche, die Wand, wenn auch
aufdringlich zum Bewußtsein bringt. Ist auch das barocke Erlebnis im
ganzen nicht mehr dekorativ, nicht rein begleitend und schmückend,
So ist es doch die Architektur selber, die hier Ereignis wird. Auch der
Materialcharakter barocker Plastik steht von dem Material der Architektur
n'cht so weit ab wie der des unplastischen Reliefs, da beim barocken
Relief nur Formen und die zu Formen erhärtete Materie wirkt, die im
barocken Relief den Eindruck größerer Elastizität und Beweglichkeit
a's die Architekturmasse macht, aber nicht bis zu der Menschlichkeit
v°n Fleisch und Blut, feuchter Augen und lockerer Haare oder zu den
Assoziationen von Duft und Geschmack der Blumen und Früchte-
ranken des darstellenden Reliefs zu schreiten braucht. Die Beziehung
der Plastik zur Architektur und Dekoration wird selbst durch barocke
p'astik bewiesen.
 
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