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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 12.1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.3621#0251

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BESPRECHUNGEN. 245

bruch des Weltkrieges und die durch ihn unmittelbar geschaffenen Kunstwerke; er
schließt mit dem Mahnruf, »eine neue Blüte der Gesamtkultur in den Ländern des
deutschen Kulturkreises heraufzuführen«.

Der deutschen Kunst vor dem Kriege spricht Hildebrandt »die unbestrittene
Führung auf den Gebieten der Baukunst und des Kunstgewerbes« zu. In der Malerei
war Frankreich tonangebend in den Tagen des Impressionismus, während »die Um-
bildung zu einer großen Gesamtkunst« in Deutschland und Österreich begann,
»wobei die Hilfe der Schweiz und Dänemarks nicht gering veranschlagt werden
darf« (S. 250).

Die Gerechtigkeitsliebe Hildebrandts, die auch dem Auslande seinen Anteil an
der Entstehung und Förderung neuzeitlicher Kunstrichtungen zugesteht — so den
Franzosen am Impressionismus, den Russen am Expressionismus — verdient in
unseren Tagen besondere Anerkennung. Wenn Hildebrandt jedoch in einer ver-
meintlichen »Auflösung der völkischen Eigenart« eine »Krankheit« erblickt, »von
der sämtliche Kulturen vor dem Kriege befallen waren«, so stimme ich seinem
Urteil nicht bei. Vielmehr bin ich der Meinung, daß jene extensive Art der Kunst-
übung die europäische Kultur gefördert hat. Das Wort von der europäischen
Kultur gewinnt erst dann Bedeutung, wenn man seinen Sinngehalt mit einem
anderen, nebengeordneten, etwa dem der japanischen oder chinesischen Kultur, zu
vergleichen vermag. Dann treten allerdings die Besonderheiten — etwa der Gegen-
satz romanisch und germanisch — zurück hinter den allgemeinen, meist übersehenen
Zügen, die europäisch zu nennen sind. Daß durch den Krieg vorübergehend eine
andere, engere Betrachtungsweise den Sieg davongetragen hat, mag für die inten-
sive Kunstübung von Vorteil sein. ». . . aber verkennen wir auch nicht, daß ein
gedankenloser und irregeleiteter Patriotismus demselben Deutschtum, dem er allein
zu dienen vorgibt, schwerste Schädigungen zufügen muß« (S. 262).

Zum Schluß sei endlich auf die Überfülle von Künstlern und Kunstwerken auf-
merksam gemacht, die Hildebrandt als Beispiele in dem Kapitel »Der Weltkrieg
und die bildende Kunst« heranzieht. Es bleibt leider meist bei flüchtiger Namen-
nennung. Ein Verzicht auf annähernde Vollständigkeit wäre zum Zweck größerer
Vertiefung und klarer Übersichtlichkeit am Platze gewesen. Es ist niemandem
damit gedient, wenn der Verfasser über drei Künstler nichts anderes als den lako-
nischen Satz ausspricht: »Von Fischer, Ott und Bühler wußte man bestimmt, daß
sie schöne Hoffnungen erfüllen würden« (S. 256).

Die wahllos im 340 Seiten starken Text verirrten 36 Abbildungen würden als
gesonderter Anhang wahrscheinlich besser gewürdigt werden.

Berlin. Alfred Werner.

M. Hoernes, Urgeschichte der bildenden Kunst in Europa. Zweite,
durchaus umgearbeitete und neu illustrierte Auflage. Wien 1915, Kunstverlag
Anton Schroll & Co. 8°. XIV u. 661 S. mit 1330 Abbildungen im Text.
Anaxagoras preisend sagt Aristoteles, den Früheren gegenüber erscheine jener
wie ein Nüchterner unter Trunkenen. Wer da weiß, daß die Fragen vom Ursprung
und den Anfängen der Kunst im allgemeinen den Tummelplatz wildester Speku-
lationen abgeben, deren verstiegene Kühnheit den Autoren oft gar nicht zum Be-
wußtsein kommt, da ihnen die hinreichende Sachkenntnis fehlt, wird buchstäblich
den aristotelischen Ausspruch auf das grundlegende Werk von Hoernes anwenden
dürfen. Eine bewundernswerte Materialfülle wird hier in umsichtiger, scharf prüfen-
der und klug abwägender Weise dargelegt. Überall herrscht das echt wissenschaft-
liche Streben, Tatsachen zu sichern und diese zu deuten mit Hilfe begründeter Ver-
 
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