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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 12.1917

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476 BESPRECHUNGEN.

und Maßstäbe und damit zu gewissen Richtungslinien auch für künstlerisches
Handeln zu gelangen sucht . Es ist eine innere Einheit da im ästhetischen Gemein-
besitz der Menschheit, ein Gesetz des Gefallens, das allerdings in verschiedenen
Sprachen zum Ausdruck gelangt ist. Hierauf zielt die Ästhetik. — Ein kleiner Auf-
satz über Architektur betont das starke Stimmungselement in dieser auf strengen
technischen Voraussetzungen ruhenden Kunst, versucht zu zeigen, daß die Zweck-
mäßigkeit in den ästhetischen Wirkungen der Baukunst keine viel größere Rolle
spielt als in der Musik, und schließt mit anmutenden Betrachtungen über das Bau-
werk als öffentliche Einrichtung. — Weniger beträchtlich scheint mir der Essai über
Musik und Metaphysik, obwohl auch er die Hauptvorzüge des Verfassers noch er-
kennen läßt: die Gradlinigkeit des Denkens und die Durchsichtigkeit der Dar-
stellung.

Berlin. Max Dessoir.

Ernst Heidrich, Beiträge zur Geschichte und Methode der Kunst-
geschichte. Basel 1917, Verlag von Benno Schwabe und Co. 109 S. gr. 8".

Die vorliegenden Aufsätze von Ernst Heidrich sind ein Versuch, die Entwick-
lung der neueren Kunstgeschichtsschreibung aufzuklären. Die Arbeit kann keinen
Anspruch auf Vollständigkeit machen. Zwar lag es in der Absicht des Verfassers,
wie Wölfflins Vorwort bemerkt, seine Arbeit weiterzuführen; allein der frühe Tod
des am 14. November 1914 an der Westfront gefallenen Kunsthistorikers ließ diesen
Gedanken nicht zur Ausführung gelangen.

In seiner gegenwärtigen, notwendig bruchstückhaften Gestalt besteht das Büch-
lein aus drei Aufsätzen, von denen der erste sich auf die Anfänge der neueren
Kunstgeschichtsschreibung (Vasari und Winckelmann), der zweite auf die Leistungen
Karl Schnaases und Jakob Burckhardts, der dritte auf die Methodenlehre der neuesten
Kunstwissenschaft bezieht. Immerhin ist mit diesen Anfängen ein so wertvolles
Stück kritischer Arbeit geleistet worden, daß es nicht zu viel gesagt sein wird, wenn
man die vorliegende Arbeit in doppelter Hinsicht als grundlegend bezeichnet. Zu-
nächst in Hinsicht auf ihren sachlichen Gehalt. Die klaren und genauen Zergliede-
rungen des jeweiligen Standes der Kunstgeschichtsschreibung, wie sie sich Heidrich aus
der kritischen Betrachtung der Leistungen eines Vasari, Winckelmann, Karl Schnaase,
Jakob Burckhardt und Riegl ergeben — um nur die bedeutendsten Namen aus den
von Heidrich charakterisierten Zeiträumen zu nennen —, heben bereits die Arbeit
weit über das durchschnittliche Maß hinaus. Und ein hervorragendes Einfühlungs-
talent, mit dessen Hilfe es dem Verfasser gelingt, die jeweilige Eigenart der Be-
gabung der behandelten Kunsthistoriker herauszuheben, verleiht der ungewöhnlich
anschaulichen Darstellung im Verein mit einer klaren Ausdrucksweise und einer
schönen, reichen Sprache noch einen ganz besonderen Reiz, so daß die Aufsätze
in der Tat teilweise, um uns eines Wölfflinschen Ausdrucks zu bedienen, zu dem
Schönsten gerechnet werden dürfen, was deutsche Kunsthistoriker geschrieben
haben.

Sodann aber ist der Standpunkt, den Heidrich in seiner Schrift vertritt, an sich
höchst bedeutsam und, obgleich er in gewisser Hinsicht als der selbstverständliche
und einzig mögliche erscheint, keineswegs der allgemein herrschende. Heidrich er-
klärt es für unmöglich, die Kunst als eine abgesonderte, aus dem Zusammenhang
des Gesamtlebens und Wirkens eines Volkes herausgerissene Erscheinung zu be-
trachten; sie erscheint ihm vielmehr stets in innigstem Zusammenhang mit dem
Leben, als eines seiner schönsten Erzeugnisse. Daher ist er denn auch auf das
 
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