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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0138

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132 BESPRECHUNGEN.

ihrer Welt kaum an der äußersten Peripherie berührt, jenen die Millionen erarbeiten
helfen, ohne die sie nie geworden wären, was sie waren. Das Wundergebäude
der Florentiner Renaissance steht auf dem morschen Grunde eines jäh empor-
geschossenen, alle Machtinstinkte brutal und hemmungslos entfaltenden Frühkapita-
lismus; in dem Aufstand der Ciompi von 1378, der ersten revolutionären Regung
proletarisierter Arbeitermassen, künden sich grollend die Qewitterstürme an, die die
Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts in ihren Tiefen erschüttern sollen.
Leipzig.

Alfred Doren.

Margarete Bieber, Die Denkmäler zum Theaterwesen im Alterturn.
212 S., 142 Abbildungen im Text und 109 Tafeln. Berlin und Leipzig, Ver-
einigung wissenschaftlicher Verleger, 1920.

Fast siebzig Jahre hat es gedauert, bis das nützliche, jetzt aber längst veraltete
Buch Fr. Wieselers über »Theatergebäude und Denkmäler des Bühnenwesens bei
den Griechen und Römern« ersetzt wurde. Wie Wieseler bietet M. Bieber eine
katalogartige Auswahl der wichtigsten Denkmäler zum antiken Theaterwesen; in
den vortrefflich reproduzierten Text- und Tafelbildern mit ihrer Beschreibung und
ihrer Bibliographie liegt der Hauptwert des Buches, und man kann der Verfasserin
nicht genug danken für dieses praktische Hilfsmittel. Manche hier und da ver-
streute Abbildungen konnten ja einfach wiederholt werden, aber der Band bringt
weit mehr. Die Verfasserin hat weder Mühe noch Kosten gespart, um überall die
käuflichen Einzelphotographien zu sammeln, ja sie hat eine große Zahl von Vasen,
Terrakotten, V/andbildern der verschiedensten Museen eigens neu aufnehmen lassen.
Niemand, der sich mit dem antiken Theaterwesen beschäftigt, kann künftig diese
gute Materialsammlung entbehren.

Die wissenschaftliche Bedeutung des Textes ist nicht leicht zu schildern. Es
braucht nicht versichert zu werden, daß die gelehrte Verfasserin, die sich schon seit
ihrer Dissertation mit dem Theaterwesen beschäftigte, die vorliegende Literatur sehr
gut kennt und im einzelnen mancherlei eigenes zu sagen weiß, vor allem wo es
sich um Kostüm- und Deutungsfragen handelt; auch die einleitenden Bemerkungen
zu den verschiedenen Denkmälerklassen bezeugen ein reiches Wissen und viel Fleiß.
Weniger befriedigen die architektonischen Abschnitte, die sich meist auch mit der
referierenden Wiedergabe der verschiedenen Meinungen begnügen und jedenfalls
das Studium der originalen Untersuchungen nicht entbehrlich machen. Gerne würde
man auch neben den antiquarisch-stofflichen Beschreibungen etwas über den künst-
lerischen Wert der abgebildeten Denkmäler zu hören wünschen, wie man auch eine
eindringliche Charakterisierung der Einzelobjekte und eine qualitative Scheidung
des besseren und schlechteren vermißt. Aber da zeigt sich eben, wie wenig trotz
aller Vermehrung des Materials bisher für eine Kunst- und Stilgeschichte des antiken
Theaters geleistet ist: die letzte Absicht der Verfasserin unterscheidet sich schwer-
lich viel von der des seligen Wieseler. Der Sach-Philologie soll ein bequemes
Hilfsmittel geboten werden und so werden die Monumente nur auf das hin be-
trachtet, was sie für die antiquarische Rekonstruktion der alten Spiele ergeben; es
sei gerne anerkannt, daß das fleißige Buch dieses mehr kulturgeschichtliche Ziel in
lobenswerter Weise erreicht.

Kiel. August Frickenhaus.
 
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