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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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Besprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0243

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BESPRECHUNGEN. 237

Es werden immer nur einzelne Künstler sein, denen ein Anatom als Dolmetscher

*Ur Seite steht; denn mit dem beigegebenen Text allein wird ein Maler oder Bild-

auer nicht viel anzufangen wissen. Dazu ist die Sprache zu wissenschaftlich.

Antagonisten und Synergisten, in einem Schlußabsatz über Bewegungen nachträglich

Helfer und Qegenwirker erklärt, werden trotzdem fremde Begriffe bleiben. Ebenso

as nirgends erklärte: Insertion. Warum nicht »Ansatz«? Wie beinahe in allen

J^nstleranatomien ist vieles, was für den Anatomen wichtig erscheint, für den

unstier überflüssig. Die ganz klare Frage: Welche inneren Teile haben Einfluß auf

'uung der äußeren Form? wurde nicht gestellt. Im Becken eine »Verstopfungs-

uts am Oberschenkel das »äußere und innere Blatt der rauhen Linie«, am Fersen-

n der große und kleine Höcker, von den Gesichtsmuskeln der Rückwärtszieher

s Ohres, der Hinterhauptsmuskel sind für die Plastik ohne jede Bedeutung.

Gleichgültig für Künstler ist auch das mühevoll durchgeführte System der tiefen

ckenmuskeln, und damit die ganze Tafel VI überflüssig, so lehrreich sie für den

. iziner auf dem Präpariersaal wären, die im bekannten Umrißatlas von Gerlach

c" den Muskelverlauf einzeichnen. So hätte, wie für diesen Fall, so auch im all-

si "leinen, weniger der Künstler als der Mediziner einen Nutzen von dieser Dar-

e"ungsart, für den aber wieder die Bewegungslehre unzulänglich ist. Durch Zu-

animenlegen der Schmalbilder zweier Tafeln auf je ein Blatt hätte zudem der Atlas

' gleich guter Ausstattung sich preiswerter herstellen lassen; daran haben wir

fute auch zu denken. Für den anatomisch durchgebildeten Künstler, sofern es

lese Art im Zeitalter einer Novembergruppe noch gibt, wird es immer ein Gewinn

e|n> sich in die Arbeitsart Leonardos zu vertiefen, die wohl nur wenigen bekannt

e'n wird. Daher bleibt dieser Hinweis trotz der erwähnten Mängel verdienstvoll,

cn dann, wenn ein Künstler von sich aus bereits auf den Gedanken dieser Dar-

e'lungsart gekommen ist. Denn was liegt näher, als Ursprung und Ansatz eines

uskels durch Linien zu verbinden?

Berlin. •> Artur Friedel.

,ctor Basch, Titien. Librairie francaise Paris 15. Quai Conti, 1919.

Mit diesem Buch wird eine Monographienserie eingeleitet, die dem »art plastiquc

'itteraire des nations latines«- gewidmet sein wird. Dem Tizian soll ein Poussin

n Paix-Seailles folgen. Wenn die weiteren Bände wie dieser erste so köstlich

"sgestattet werden, so wird diese Schriftenreihe schon äußerlich die Aufgabe er-

"en, die sie sich gestellt hat. 25 Bilderbeilagen, etwa ein Dutzend Zeichnungen

°wie zahlreiche Kopfleisten und Schlußstücke nach Motiven beleben den Text aufs

angenehmste.

Victor Basch hat dieses Buch in sechs Jahren langsam reifen lassen. Die Arbeit
urde immer wieder unterbrochen; um auf vielfältigen Reisen vor den Werken
2'ans sich neue Anregungen zu holen. In der Verbindung zwischen histori-
scher Methode und ästhetischer Wertung liegt der Wert der Arbeit. Der Ver-
Sser hat in großen Umrissen das tizianische Venedig gezeichnet. Innerhalb dieses
Ulturellen Rahmens stellt er den jungen Tizian. Durch die Schilderung seines
ebens wird der Mensch lebendig. Die Ursprünge seiner Kunst, das Werden des
a'ers werden bis in die feinsten Verästelungen klargelegt. Aus dem einleitenden
^aPitel entrollt sich in dieser Weise ein Bild von der Entwicklung der veneziani-
cnen Kunst im allgemeinen. Auf dieser Basis wird die Frühzeit des Meisters dar-
gestellt. Auch im 2. und 3. Abschnitt wird erst der historische Unterbau für die
Päteren Epochen des Künstlers geschaffen; auf ihm, gleichsam als Gerüst für das
 
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