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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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Heft 3
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Daninger, Josef G.: Stilisierungen im Gebiete der Tonkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0312

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306 JOSEF G. DANINGER.



Merkmal der Oleichstufigkeit, welches wir oben als das in erster Linie
kennzeichnende der siamesischen Tonleiter bezeichnet haben, die Zahl
der Stufen und die Größe der Tonschritte ist in beiden Leitern ver-
schieden, die siamesische Tonleiter zählt sieben, die Ganztonleiter
sechs Stufen. In der ersteren beträgt die Größe eines Intervalls j/2,
in der innerhalb des temperierten Systems gebildeten Ganztonleiter
(1/^T)2 = |/^2. Derartige Abweichungen sind'aber jeder Art von
Stilisierung eigentümlich. Das Ergebnis der Stilisierung ist nie kon-
gruent mit dem zu stilisierenden Gegenstand. Auch wenn wir eine
exotische gleichstufige Tonleiter mit einer geringeren Stufenzahl als 7
stilisieren wollten, würde sich wiederum die Ganztonleiter als sehr
brauchbar erweisen. Denken wir z. B. an die von Alex. J. Ellis bei
den Instrumenten einer javanischen Musiktruppe aufgefundene gleich-
stufige Fünftonleiter1). Während im vorigen Falle die zu stilisierende
Tonleiter eine Stufe mehr hatte als die stilisierte, ist es jetzt umge-
kehrt. Es wären noch andere Teilungen der Oktave in gleich große
Intervalle auf der Grundlage unseres temperierten Systems möglich
und zwar neben der chromatischen Tonleiter:

c eis d dis e ... a ais h c /',, T \
des es b |//*Ton]

die Teilungen c es ges a c / \

~dis fis (^Töne),

c e gis c / \

und c fis c / \

Wges (3 S-Töne>

Die Ganztonleiter bietet bezüglich des Vortäuschens der Gleich-
stufigkeit gegenüber den übrigen angeführten Oktavteilungen den Vor-
teil, daß der die Ganztonleiter aufbauende Tonschritt, der ganze Ton,
auch ein aufbauender Schritt der diatonischen Tonleiter ist und zwar
der Ausgangsschritt. Hierdurch werden auch die Schritte der Ganz-
tonleiter viel leichter als Elementarschritte erfaßt, während die Schritte
der übrigen Teilungen den Eindruck künstlicher Bildung hervorrufen'
Außerdem sind wir gewohnt, die Folgen c es ges a c und c e gis c
als Akkordzerlegungen aufzufassen und dadurch wäre deren Anerken-
nung als leiterartige Tonfolgen sehr erschwert. Die Teilung c fis c
kann wegen ihrer geringen Stufenzahl überhaupt nicht in Betracht
kommen.

Oben war gesprochen worden von dem Nachteil eines gleich*
stufigen Tonsystems bestehend in dem Ausschluß jeglicher Tonalita •

]) Siehe vorhergehende Fußnote!
 
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