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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0411

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BESPRECHUNGEN.

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vorhandenen Kunst darstellt. Oder es wird beim Problem der Bewertung der Kunst
°arauf hingewiesen, daß man nicht die Bedingungen, die das Kunstseiu überhaup
erst ermöglichen als Bewertungsmaßstab für das Kunstwerk heranziehen dürfe
Wle es z. B. die alte Lehre von der Einheit in der Mannigfaltigkeit tut. — In der
umstrittenen Frage des kulturellen Wertes der Kunst lehnt Utitz mit Recht die
u'skussion mit denjenigen ab, die dem Wert der Kunst überhaupt innerlich blind
Segenüberstehen, und wehrt sich ebenso gegen diejenigen, die die Kunstwerte zu-
gunsten anderer Wertkategorien herabzudrücken suchen. Dem Problem der Be.
Schreibung von Bildern wird ein feinsinniges Kapitel gewidmet, in dem an
nand der verschiedenartigen Beschreibung eines und desselben Leibischen Bildes
durch Hamann, Scheffler und Meier-Qräfe die wechselnden Ziele der Bildbeschrei-
bl,ng dargetan werden. Die Kunsterziehung wird in ihrer verschiedenartigen
"edeutung gewürdigt, ohne daß die Gefahren verkannt werden, die in einer falschen
^Uns'erziehung — der historischen Verbildung sowohl als auch der Übertreibung
des Formalismus — liegen (II, 284—353).

Die Probleme der Entwicklung der Kunst bilden eine Gruppe für sich:
Von einer eigentlichen Entwicklung im Sinn einer Entwicklung vom minder Wert-
vollen zum Höherwertigen kann auf dem Gebiete der Kunst nicht gesprochen
Werden; denn jedes Kunstwerk, in dem der Sinn der Gestaltung sich einem Ge-
■uhlserleben restlos erschließt, ist vollkommen, auf welcher historischen Stufe
es auch steht. Nur innerhalb einzelner Gestaltungsmomente kann es eine eigent-
'che Entwicklung geben, so zum Beispiel in der Bewältigung der Perspektive,
^^entsprechend hat auch der Begriff des Verfalls eine engere Bedeutung, als
'hm gewöhnlich gegeben wird. Nur dort sollte von Verfall gesprochen werden,
*° ein Stil durch Wiederholungen erstarrt, nicht aber dort, wo ein Stil mit einem
neu auftauchenden kämpft. Wenn so auch die Entwicklung nicht als Höhereniwick-
Ullg, sondern nur als historischer Ablauf gefaßt werden kann, so bleibt doch die
rage noch ungelöst, welche Faktoren diesen Ablauf bestimmen. Utitz weist
ausführlich nach, wie unsicher selbst bedeutende Kunsthistoriker der Frage gegen-
überstehen, ob dieser Verlauf durch die immanente Logik der Entwicklung der
Kunst oder durch äußere Faktoren bedingt wird. In Wahrheit ist eine völlig
"firnanente Geschichtschreibung der Kunst unmöglich. Zu sehr greifen äußere
, aktoren "i die Entwicklung ein. Immerhin muß geprüft werden, wie weit der
"nnianente Faktor trägt — eine wirkliche Umwandlung der Stile kann durch ihn
'feilich nicht bedingt werden. Auch jener Versuch, die Entstehung eines neuen
0l,is durch Abstumpfung gegenüber dem alten zu erklären, bringt auf falsche
Fährte. Die Freude am Neuen führt höchstens zur Mode, aber nicht zum Stil.
D,e Umwandlung muß vielmehr aus Faktoren, die der Kunstlogik transzendent sind,
erMärt werden, unter denen der Geist der betreffenden Zeit die erste Stelle ein-
"Wirnt. Zu den zeitlichen Variabein treten die nationalen hinzu — das Nationale
darf jedoch nicht, wie es oft geschieht, als ein Einheitliches und immer Gleich-
b,eibendes angesehen werden. Welche Bedeutung dem individuellen Faktor
2ukoninit, und vor allem überhaupt zukommen kann, darüber fehlt es noch an ent-
scheidenden Untersuchungen; doch auch hier müssen verschiedene Bedeutungen
"es Individuellen geschieden werden. Zuletzt bespricht Utitz noch jene in den
e*zten Jahren besonders aktuelle Streitfrage, ob von einer Periodizität der Ent-
^'cklungsepochen gesprochen werden könne. Das tatsächliche Recht zur Periodi-
sierung beruht darin, daß Menschen vor ähnliche Lagen gestellt, ähnliche Entschei-
dungen fällen. Die gleiche Konstellation kehrt zwar niemals wieder, aber mit der
Wiederholung von verwandten und ähnlichen Situationen kann in der Geschichte
 
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