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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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Hoerner, Margarete: Der Manierismus als künstlerische Anschauungsform
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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0223
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BEMERKUNGEN.

Noch ein Wort über die Farbe. Die Klassik setzt die Einzelfarben in Akkorden
nebeneinander, wahrt ihnen ihren Lokalcharakter. Dem Barock ist die Farbe
Akzent, eine Potenz innerhalb des Ganzen. Rot ist nicht Gegensatz zu Grün oder
Blau, sondern eine Stufe auf dem Anstieg vom unbestimmten Dunkel zum Rot. So
wie der Raum sich nicht zusammensetzt aus Körpern, sondern sichtbar wird in
Erscheinungen, so bleibt auch die Farbe Emanation, bei der man das Gefühl hat, daß
sie ins Dunkel, aus dem sie kommt, zurücksinken könnte. Barocke Formen haben
leicht etwas blasenhaft ^Aufquellendes, barocke Farben etwas mystisch Hervorstrah-
lendes. Die manieristische Farbe dagegen betont nicht das Aufsteigen aus dem
Dunkel und die reine Lokalfarbe selbst, sondern das enge Weiterschreiten nahe
beieinander liegender Farbtöne. Möglichst schattenlos im hellsten Tageslicht, ohne
Veränderungen durch die Rundung der Form oder atmosphärische Wirkung. Die
kühlen, einander angeglichenen Pastelltöne des Rokoko sind im Manierismus des
16. Jahrhunderts vorgebildet. Die Farbe trägt so in keiner Weise dazu bei, Gegen-
sätze und damit Form, Gewicht oder Bewegung in das manieristische Bild zu tragen.
 
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