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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0224
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Besprechungen.

Handbuch der Philosophie, herausgegeben v. A. Baeumler u. M. Schröter.
Abteilung II: Natur, Geist, Gott. München und Berlin 1927, Oldenbourg.

Für den Ästhetiker und Kunstphilosophen kommen aus diesem Bande vornehm-
lich in Betracht die Abhandlung des Professors Rothacker über die »Systematik
der Geisteswissenschaften« und die »Philosophie des Geistes« von Professor Emil
Wolff. — Roihackers wichtige und gewichtige Arbeit gliedert sich in einen mehr
berichtenden und in einen mehr selbständig gestaltenden Teil; während die Aus-
führungen des zweiten Teils seltener in unser Gebiet eingreifen, sind die Darle-
gungen des ersten Teils voll von Beziehung auf Ästhetik und allgemeine Kunst-
wissenschaft. Ausgangspunkt ist der Gedanke, daß die geistige Kultur als etwas
(seelisch, geschichtlich, gesellschaftlich) Wirkliches zu beschreiben oder als wirken-
des, sinnerfülltes Gebilde verstehend aufzufassen oder als Abglanz des Reichs der
Werte philosophisch zu deuten sei. Diese Dreiteilung, die Licht in das Dunkel der
zahllosen Begriffsmengungen und Begriffsvertauschungen bringen soll, ist selber
nicht klar genug, um jenen Zweck zu erfüllen; vor allem lassen sich die zweite
und dritte Gruppe nicht sauber scheiden, da jedes Nachdenken über »das Reich
des Sinnes selbst« erst am Tatsächlichen einen Halt gewinnt. Ein ähnliches Be-
denken stellt sich ein gegenüber den allzu subtilen, obwohl recht scharfsinnigen
Unterscheidungen, die innerhalb der systematischen Geisteswissenschaften vorge-
nommen werden. Die dogmatische Begriffsbildung nämlich soll die Neigung haben,
eine bestimmte Kunstrichtung als die einzig wahre zu erweisen, z. B. die klassische
Schönheit zum Kanon der ästhetischen Vernunft überhaupt zu machen. So liegt es
doch nicht. Vielmehr ist die allgemeine Kunstwissenschaft wegen der vorher er-
wähnten unlöslichen Verbindung des Sinngehaltes mit einem zur Wirklichkeit ge-
hörenden Sinnträger durchaus genötigt, ihre Begriffe an den geschichtlichen Tat-
beständen zu entwickeln. Nicht um ein Dogma handelt es sich, an dem alles ge-
messen wird, sondern um eine Systematik, die geschichtlich belebt und auf Ge-
schichtliches bezogen ist. Daß jede solche Theorie ins Philosophische überleitet, ist
dem Verfasser zuzugeben, aber es berührt eigentümlich, wenn er dies den Über-
gang der Kunstdogmatik in die Ästhetik nennt; um der Klarheit und Einheitlich-
keit willen sollte von Kunstwissenschaft und Kunstphilosophie gesprochen und nicht
immer wieder Kunstphilosophie mit Ästhetik gleichgesetzt werden.

Was nun die Kunstgeschichte anlangt, so beschäftigt sich Rothacker einläßlich
mit jenem bekannten Unterschied, wie er etwa zwischen Wölfflin und Dehio be-
steht: Kunstgeschichte zunächst Entwicklung des Sehens — Kunstgeschichte vor
allem Entwicklung eines Volkstums. Rothacker findet darin die alte Auseinander-
setzung zwischen Form- und Gehaltsästhetik und verankert sie in dem Gegensatz
von Naturalismus und Idealismus. Doch darf man auch sagen, daß sich hierbei die
Auffassung einer ganz selbständigen Kunst (Vart pour Vart) und die Anschauung
einer in das Kulturganze eingegliederten Kunst gegenüberstehen. Dem Verfasser
ist das auch nicht entgangen, aber er berührt das Problem erst beim Organismus-
 
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