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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0377
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BESPRECHUNGEN.

wie auch als das typisch chinesische Wolkengebilde. Sie schaltet bereits frei mit
der Menschengestalt in allen drei Uransichten, von denen die gemischte noch häufig
vorkommt, und wandelt sie in lebhaften Bewegungsstellungen ab. Die letzteren und
die kaftanartige weitärmelige Landestracht entsprechen einzelnen Tonfigürchen der
Grabbeigaben größtenteils wohl etwas späterer Entstehung, in deren Pallelfalten
noch das lineare Schema der Reliefgestalten nachklingt.

Mit dem Buddhismus, der erst seit dem 4. Jahrhundert in China festen Fuß
faßt, wird dessen vielgestaltige Götterschar in ihrem feststehenden Formenkanon
aufgenommen. Die griechische Gewandstatue war in Indien längst in Rassentypus
und -kostüm übersetzt und gemäß ihrer sinnbildlichen Verwendung in ihren Grund-
stellungen, Gebärden und im Gesichtsausdruck umgebildet worden. Der Kult läßt
in alledem keine Änderung zu. So besteht nach Glaser die Entwicklung auf chine-
sischem Boden nur in der zunehmenden Verhüllung der Gestalt —, weil eben ihr
struktiver Aufbau unverstanden bleibt, — und einer fortschreitenden dekorativen
Gliederung und Bereicherung der Schichtung des Gewandes, die sich an den Haupt-
typen vor allem in den Felsgrotten von Jün-Kang und Lung-Men, den Hauptstätten
der frühen und der späteren Wei-Zeit (386—549 n. Chr.), chronologisch verfolgen
läßt. Das aber wird man nicht anders denn als eine Rückbildung ins blockhaft
Kubische auffassen können, zumal die Faltengebung im Anfange teils linear, teils
scharfkantig gehalten ist, mögen die Vorbilder schon indische Hochreliefgruppen
oder zum Teil auch Rundfiguren des mit gekreuzten Beinen oder in der typischen
Schneiderstellung am Boden sitzenden Maitreya, Buddha und der Bodhisatvas gewesen
sein. Erscheinen doch selbst die seltenen rundplastischen Denkmäler dieser Zeit
(z. B. der Samml. Vignier und des Museums von Boston) der gleichen Zusammen-
pressung im Unterkörper unterworfen. Die stehenden Gestalten erstarren vollends
im Hochrelief der Felsgrotten von Jün-Kang in frontalsymmetrischer breiler Stand-
weise. Daneben lebt aber, wie Glaser treffend erkennt, der alte Flachreliefstil, in
dem ihre Füße auswärts ausgerichtet werden, fort. Das bestätigt, daß diese gesamte
Stilbildung sich unter der Rückwirkung der altgewohnten Anschauungsweise voll-
zieht. Dafür zeugt auch, daß auf einem in Tokio erhaltenen taoislischen Votivrelief
sowohl der symmetrischen Sitzfigur wie der Genien nach die schematische Parallel-
fältelung aufweisen. Auf der späteren Stilstufe in Lung-Men nimmt das Gewand eine
weichere stoffliche Faltenbildung innerhalb des strengen dekorativen Schemas an.
Darin haben wir wohl mit Glaser den Einfluß einer volkstümlichen freieren Kunst-
übung auf die hieratischen Typen zu erkennen, deren Erzeugnisse jene Tonstatuetten
der Gräber sind. Zeigen diese auch stärkere Bewegung, so verläuft dieselbe freilich
doch durchaus noch in der Ebene der frontalen Hauptansicht, also nach dem Ge-
setz des Reliefstils. Daß auch die Zeichnung gleichzeitig zu freierer Gestaltung fort-
schreitet, bezeugen bildartige Darstellungen aus dem Hofleben in Flachrelief mit
ihren fließenden Faltenzügen.

An der Erweichung und sogar an der freieren Lagerung der Faltenmassen haben
auch ein paar Bronzestatuetten teil, die uns als Höchstleistungen allein eine Vor-
stellung von den in der Buddhistenverfolgung des Jahres 845 vernichteten Kult-
statuen der Frühzeit vermitteln können. Dazu kommen zwei in Japan und Korea
erhaltene, trotz der Verschiedenheit des Materials (Bronze und Holz) fast völlig
übereinstimmende Statuen des sitzenden Maitreya von beinahe indischer Zartheit
der Körperformen. Zweifelhaft erscheint mir hingegen, ob wir in den übrigen ge-
heiligten Götterbildern der Suiko-Zeit (550—650) in Japan wirklich ziemlich getreue
Abbilder der chinesischen Freiplastik erblicken dürfen. Wieder greift hier augen-
scheinlich eine gewisse Rückbildung Platz, die sich sowohl in der stärkeren Ver-
 
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