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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 22.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.14168#0378
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BESPRECHUNGEN.

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flachung der Gestalt, z. B. der beiden hölzernen Kwannonstatuen im Kondo und
im Jumedono des Horiuji, als auch in dem trocknen Schematismus ihres symme-
trischen Faltenornaments geltend macht und in den Himmelskönigen des erstge-
nannten Tempels den Gipfel formenstarrer Frontalität erreicht. Man wird in alledem
die Nachwirkung einer einheimischen primitiven Holzschnitzerei vermuten dürfen,
von der wir freilich kaum noch sichere Kunde haben, während Glaser nur geneigt
ist, an eine längere Fortdauer der archaischen Stilstufe von Jün-Kang in Japan bis
ins 7. Jahrhundert zu glauben.

Allein die Bronzetrinität des Kondo aus dem Jahre 623 spiegelt doch unver-
kennbar das reichere ornamentale Linienspiel und die stoffliche Schichtung des Ge-
wandes der Buddhagestalten von Lung-Men. Gemeinsam ist ihr mit den oben erwähn-
ten Holzfiguren auch die derbere Gesichtsbildung, deren Mimik in ihnen bald eine
grimassierende Verzerrung, bald eine Abschwächung erfährt, den sitzenden Maitreya
ausgenommen, den ich umsomehr als indochinesisches Erzeugnis an den Anfang
und nicht mit dem Verfasser an das Ende der (rückläufigen) Entwicklung stellen
möchte. Gekennzeichnet wird dieses vielmehr durch die beiden Bodhisatvagestalten
des Horiuji, die trotz erstmaliger Anwendung der reizvollen chinesischen Lack-
technik in der starren Haltung und leblosen Faltenzeichnung den beiden Kwannon-
statuen nächstverwandt erscheinen und von dem nachgebildeten Idealtypus nur ein
feineres Mienenspiel bewahren.

Die frühe Tang-Zeit (600—S00 n. Chr.) in China steht nicht mehr im Zeichen
der Rückbildung. Sie bietet vielmehr das Schauspiel der gegenseitigen Durchdringung
der unter den Wei-Dynastien sich schon kräftig regenden naturalistischen Volks-
kunst und neuer fremder Kunsteinflüsse. Die Tierplastik verrät sowohl in den Stein-
figuren wie in den Grabbeigaben eine unverkennbare Annäherung an sassanidische
Stilisierung der Einzelformen und eine zunehmende Durchsetzung mit ornamentalen
Motiven. Aus dem gleichen Kunstkreise scheint die Weinranke entlehnt zu sein, die
alsbald zum Schnörkelornament fortgebildet wird. Vor allem aber strömen der bud-
dhistischen Kunst auf noch unbekanntem Wege (vielleicht über Turfan?) neue
graeco-indische Vorbilder zu, die nunmehr mit gereiftem Verständnis aufgenommen
werden. Zeigen doch die weiblichen Gestalten der sepulkralen Plastik bereits eine
stärkere Beweglichkeit in der Abwandlung der Standweise und eine fließende Falten-
bildung ganz entsprechend der freien Auffassung der letzteren in der gleichzeitigen
Tuschzeichnung. So bewahren denn auch die hieratischen Typen ihre Biegsamkeit und
schwanke Haltung und den stofflichen Faltenzug. Die Köpfe aber werden dem Rassen-
ideal angeglichen, das wir aus den Tonstatuetten der Gräber in seiner vollen Reinheit
erkennen. Dieser klassische Stil der Tang-Zeit ist wieder am besten in einzelnen
nach Japan verschlagenen Steinreliefs oder verstreuten Freifiguren (im Louvre und
Philadelphia) vertreten, aber auch noch in den jüngsten Steinreliefs von Lung-Men
belegt, wenngleich in einer gewissen Vergröberung, sowie in koreanischen Flach-
reliefs, die sogar die Dreiviertelwendung von Göttergestalten und Lohans — offen-
bar aus der Malerei — übernehmen (nicht etwa von der Rundplastik ableiten).

Das japanische Spiegelbild dieser Entwicklung in der Hakuho- (650—700 n. Chr.)
und Tempyo-Zeit (700-800 n. Chr.) weist bei aller Übereinstimmung wiederum
deutliche Züge einer in der letzteren immer kräftiger hervortretenden Eigenart auf.
Den durchgebildeten dekorativen Linienstil vertreten noch um 700 n. Chr. mehrere
vollendete Bronzestatuen, an ihrer Spitze die Trinität des Jakuschiji und die etwas
jüngere des Horiuji, vereinigen ihn aber mit einer vollsaftigeren Gesichts- und
Gliederbildung, weniger schlanken Proportionen und der herkömmlichen starren
Haltung zumal der Nebengestalten der letzteren, wie sie vollends der ältere stehende
 
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