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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Beissel, Stephan: Die römischen Mosaiken vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh., [3]
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Bücherschau
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187

1897. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

188

S. Apollinare Nuovo. In S. Vitale ist wohl
die beste Leistung dieser Periode erhalten.
Dort ist aus den Erfahrungen der ersten Peri-
ode noch soviel verwerthet, dafs die Figuren
vereinzelt werden, aber doch von einer eigent-
lichen Gruppenbildung abgesehen, denn selbst
die beiden Szenen, worin der Kaiser und die
Kaiserin auftreten, näheren sich doch mehr
dem Reliefstil als einem malerisch aufgefafsten
Gruppenbilde. Der Verfall zeigt sich zu Ra-
venna schon in S. Apollinare in Classe, zu
Rom in S. Agnese (um 625). Die im Be-
ginn des IX. Jahrh. durch Leo III. und
Paschalis ausgeführten Mosaiken sind die
letzten Werke der altchristlichen Kunst, Zeugen
ihres Niederganges, aber auch des ernsten
Bestrebens, in Nachahmung alter Vorbilder
nach bestem Wissen und Können zu leisten,
was unter den obwaltenden Verhältnissen
noch zu erreichen war. Es wäre Unver-
stand, alles Alte zu schätzen und als nach-
ahmenswerth darzustellen, eben weil es alt ist.
Es würde aber auch nicht gut sein, unsern
modernen Maafstab anzulegen und das zu ver-
urtheilen, was ihm nicht entspricht. Selbst
jenen letzten Mosaiken, den Zeugen eines

tiefen Verfalles der Kunst, bleiben noch hohe
Vorzüge, bleiben noch Eigenschaften, die
Achtung verdienen. Koloristisch sind manche
dieser Mosaiken auch heute noch werthvolle
Vorbilder, selbst für Zeichnung und Kompo-
sition stehen sie alles in allem genommen doch
noch immer höher als die meisten Erzeug-
nisse unseres Jahrhunderts. Aus den Ge-
stalten der in ihnen dargestellten Heiligen er-
kennt man die Kraft und Energie, womit im
VIII. und IX. Jahrh. die bessern Päpste und Herr-
scher auftraten, und in den Mosaiken Leos III.
und Paschalis findet der Kenner jenen Geist,
der zur Stiftung des abendländischen Kaiser-
thums führte. Man mufs sich bei Beurtheilung
bedeutender Werke der Vorzeit erheben über
die engen Schranken einer theoretischen,
vom Geschmack seiner Zeit stark beeinfiufsten
Aesthetik. Nur wer es vermag, sich in die
Periode zu versetzen, in der sie entstanden,
wird sie gerecht würdigen, in ihnen den Aus-
druck der edelsten Bestrebungen ihrer Zeit,
eine Nachblüthe entschwundener Gröfse und
Vorzeichen kommenden Glanzes entdecken
und sich ihrer freuen.

Stephan Beisse].

Bücherschau.

Die Architekten Johann Joseph Couven und
Jakob Couven. Von Joseph Buchkremer.
Mit 8 Lichtdrucktafeln und 92 Abbildungen. Aachen
1896, Verlag der Cremer'schen Buchhandlung.
Diese, zuerst in der Zeitschrift des Aachener Ge-
schichtsvereins Band XVII, Seite 89—206, dann als
Sonderabdruck erschienene Studie macht mit der
überaus fruchtbaren und sehr vielseitigen Thätigkeit
einer Aachener Architektenfamilie bekannt, die vom
zweiten Viertel des XVIII. bis zum Anfang des XIX.
Jahrh. das Bauwesen in Aachen, Burtscheid und Um-
gegend vollständig beherrscht und manchen Strafsen
dieser Städte den noch heute vorhandenen Charakter
aufgeprägt hat, so dafs die Vergessenheit, der sie
verfallen war, kaum begreiflich, desto gröfser das
Verdienst ist, dieser sie endlich entrissen und durch
umfassendes, zumeist neu entdecktes Material (720
alte Zeichnungen) sofort in glänzendes Licht gestellt
zu haben. Der Vater Johann Joseph Couven,
1701 in Aachen geboren, zeichnete schon als junger
Mann für seine Vaterstadt, entwickelte eine reiche auch
auf Innenausstattungen sich ausdehnende Thätigkeit
bis 1745 und noch mehr nachher, sowohl als Stadt-
architekt, wie als vielbegehrter Privatbaumeister bis zu
seinem Tode 1768. Sein Sohn Jakob beginnt sein
Schaffen an der Seile des Vaters schon 1750, ist zehn
Jahre später bereits Stadtsekretär und wirkt so mannig-

faltig wie rüstig bis zu seinem Tode 1812. An der
Hand zahlreicher zum Theil durch Lichtdruck, zumeist
durch Zeichnung gewonnenen Abbildungen wie von
Originalplänen, so von noch erhaltenen Werken liefert
der Verfasser ein klares, anziehendes, erschöpfendes
Bild von der ungemein betriebsamen und wenn auch
nicht gerade hochgenialen, so doch durchaus soliden
und echt künstlerischen Wirksamkeit dieser beiden
Baumeister, die sich in stilistischer Hinsicht den Wand-
lungen des Geschmackes anbequemt, aber doch eine
grofse Eigenart bewahrt haben, die ihre Schöpfungen
deutlich genug charaklerisirt. Anfangs schlofs der
Vater sich noch den Nachklängen des Barockstils,
dann vollkommen dem Regencestil an, um nachher im
Hafen des Rokoko auszulaufen. Der Sohn schliefst
sich stets dem Vater an, bis er nach dessen Tod dem
Louis XVI.- und zuletzt dem Empire-Stil sich zu-
wendet. In dem Einflufs, den die beiden Künstler
auf ihre Umgebung im Sinne unaufhörlicher Vertrauens-
voller Aufträge ausübten, liegt ein grofsartiger Zug,
der leider unserer Zeit abhanden gekommen ist.

Schnütgen.

L. Cloquet. Tracts artisti ques. L'art monu-
mental No. I des IÜgyptiens et des Assyriens, No. II
des Indous et des Perses, No. III de la Grece
 
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