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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Keppler, Paul Wilhelm von: Gedanken über die moderne Malerei: Dritte Folge, [2]
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0208

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317

1897.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

818

Menschenlebens und der Menschheit wieder
hereinspielen in die Malerei, sondern dafs wir
bei den künstlerischen Versuchen, sich mit ihnen
zu befassen, fast nur dem starren Aug und dem

furchtbaren Schweigen der Sphinx oder dem
unheimlichen Blick und boshaften Spott des
Mephistopheles begegnen, — das ist der Fehler

Freiburg. Paul Keppler.

Bücherschau.

Jahresmappe der deutschen Gesellschaft
für christliche Kunst. 1897. Mit 12 Folio-
tafeln in Kupferdruck und Photolypie und 15 Ab-
bildungen im Texte, ausgewählt durch die Juroren
Hauberrisser, Romeis, Bernauer, Schmitt, Kolms-
perger, Liezenmayer, Festing und Schlecht. Nebst
erläuterndem Text von H. J. Graf Fugger-Glött.
Kommissionsverl. von Herder in Freiburg. (Pr. 15 Mk.)
Zum fünften Male erscheint die Jahresmappe,
welche den Anspruch erhebt, ,,Verständnifs für die
Kunst wieder in breitere Kreise des Volkes hinein-
zutragen", also die christliche Kunst zu popularisiren.
Zur Erreichung dieses Zweckes trägt die aus so ge-
wandter wie vornehmer Feder stammende philoso-
phische Einleitung nicht allzuviel bei, auch nicht
die kurze, auf Stil, Technik u. s. w. der einzelnen
Kunstwerke fast gar keine Rücksicht nehmende Er-
läuterung derselben, nicht einmal diese Samm-
lung selbst, deren Charakter zumeist akademisch ist.
Zwei derselben rühren von Architekten her (Bühlmann
und Hauberrisser), acht von Bildhauern (Allheimer,
Bolte, Buscher, Hefs, Ruppe, Schädler, Scheel), elf
von Malern (Fellermaier, Feuerstein, Fugel, Glölzle,
Hack], Kolmsberger, Nütlgens, Rudi, Stummel, Thoma),
so dafs also das Kunstgewerbe gar nicht vertreten ist.
Der gothischen Stilrichtung können sechs Kunstwerke
zugeschrieben werden, die anderen den verschiedenen
Abwandlungen der Renaissance wie den modernen
Richtungen, und diesen gebührt die Palme. Das Innere
der im italienischen Barockstil gehaltenen Kirche macht
einen grofsarligen Eindruck; der frühgothische Tauf-
brunnen hätte anstatt des an die Wand gelehnten
schweren Altarüberbaues viel besser, nach allem Muster,
einen Baldachin erhalten. Die spätgothische Altar-
bekrönung ist viel zu massig und durch die schmäch-
tigen Flügelanbauten nicht ausgeglichen, die St. Josephs-
gruppe technisch eine meisterhafte Leistung. Auch
die spätgothische Madonna verdient Anerkennung bis
auf den anmuthigen, aber ganz realistischen Kopf,
während an den musizirenden Engelgruppen den Köpfen
der Vorzug gebührt. Die Immaculata ist eine fremd-
artige Gewandfigur, die Madonna nicht minder, und
in den etwas zu schweren, aber geschickt angeord-
neten Barockfries gliedern sich die einzelnen Relief.
Stationen nicht mannigfaltig und harmonisch genug
ein. Verzeichnungen, wie die Arme an dem Christus
der Pietä und die linke Hand von Albertus Magnus
würde man einem sogenannten Stilmaler nicht leicht
nachsehen und über den mosaikartigen Hintergrund
der Wandgemälde in der Kathedrale von Karolinen-
thal anderswo vielleicht den Kopf schütteln. Unein-
geschränktes Lob verdient der Karton zu dem Rokoko-
glasgemälde von Feuerstein und das AbendmahlFugel's,

die Provision einer Pestkranken durch den hl. Karl
Borromäus von Hack] wie die Geburt Christi von
Nüttgens sind religiöse Genrebilder von guter Auf-
fassung und vortrefflicher Wirkung, Schmuckslücke für
einen Festsaal, die keinen bestimmten Stil prätendiren,
im Unterschiede von der letzten Tafel, welche einem
weitgehenden Eklektizismus huldigt, indem Architektur-
bekrönung, Landschaft, Figuren u. s. w. weder zeitlich
noch örtlich zueinander passen, also nicht den An-
sprüchen geniigen, welche die Stileinheit stellt, ein
für das christliche Kunstschaffen hoffentlich noch nicht
aufgegebener Kanon. R.

Geschichte der christlichen Kunst. Von Franz
Xaver Kraus. Zweiter Band: Die Kunst des
Mittelalters, der Renaissance und der Neuzeit. Erste
Abtheilung: Mittelalter. Mit Titelbild in Heliogra-
vüre und 306 Abbildungen im Text. Freiburg,
Herder, 1897. 512 S. grofs 8U. (Preis 14 Mk.)
Der voluminöse vorletzte Halbband des wiederholt
von uns besprochenen Werkes (s. Jahrg. 1895, Sp. 315
und 1896, Sp. 93) leitet sich ansprechend ein mit
einer Würdigung der Bedeutung Karls d. Gr. für die
Entwickelung der kirchlichen Kunst und mit einer
Zeichnung der karolin gisch-ottonischen Pe-
riode, welche an Vollständigkeit, an scharfer Accen-
tuirung der charakteristischen Züge und an feiner Ab-
wägung des künstlerischen Gehalles alles, was schon
hierüber geschrieben wurde, weit hinter sich läfst.
Wichtig ist besonders der Traktat über die karolin-
gisch-ottonische Bilderbibel, eine veränderte und ver-
mehrte Auflage der altchristlichen, in ihrer erweiterten
Gestalt hauptsächlich bestimmt durch die Perikopen
des Lektionariums, in ihrer abbreviirlen durch die
Liturgie, wie durch den höchst interessanten Hinweis
auf die contestatio dominicalis des Gallikanischen Sa-
kramentars dargethan wird. Das 13. Buch bringt
die schon wiederholt angeklungene byzantinische
Frage zum Austrag und zu einer Lösung, gegen
welche nichts Wesentliches mehr einzuwenden sein
dürfte. Schon die vom VI. Jahrh. an eintretende, fast
völlige intellektuelle und religiöse Entfremdung zwischen
morgenländischer und abendländischer Kirche, macht
eine stärkere künstlerische Beeinflussung des Occidents
durch den Orient, vollends eine totale Abhängigkeit
des ersteren vom letzteren ganz unwahrscheinlich und
unmöglich. Sind in Italien die byzantinischen Ein-
flüsse stärker, wenn auch nicht so durchgreifend, wie
man schon annahm, so beschränken sie sich in den
cisalpinischen Ländern auf lokale und vorübergehende
Invasionen, theils in Folge sporadischer Berufung
griechischer Künstler, theils in Folge des Importes
 
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