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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Firmenich-Richartz, Eduard: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf 1904, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0012

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1905.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

breitete Ruhm des Kölner Meisters, sondern
der fesselnde Eindruck eines hervorragenden
Werkes den Chronisten dazu veranlaßte, einem
deutschen Malernamen die Unsterblichkeit zu
verleihen. Weite Reisen scheint Tilman Elhen
von Wolfshagen, der Urheber der Chronik, nicht
unternommen zu haben; das leicht transpor-
table Erzeugnis eines vortrefflichen Enlumineur
dürfte bei geruhsamem Studium sein Erstaunen
geweckt haben.

Von Kuno von Falkenstein, dem Erzbischof
von Trier, dessen Stammschloß Münzenberg
in der Nachbarschaft gelegen ist, gibt der
Chronist eine ausführliche Personalbeschreibung,
die durch Lebendigkeit, frischen Humor und
feine Beobachtung der Einzelzüge seiner wuch-
tigen Erscheinung hervorragt. Der Autor ver-
sichert selbstbewußt, dem temperamentvollen
Kirchenfürsten nahegestanden zu haben und
verfolgt mit liebevoller Anteilnahme alle Zu-
fälle der Politik und der Fehden des Erz-
bischofs. Von dem Maler Wilhelm rühmt nun
der naive Betrachter des Lebens gerade die
Porträttreue seiner Gestalten, seine Kunst, das
wirkliche Leben abzuspiegeln („als he wart ge-
achtet von den meistern, want he malte einen
iglichen menschen von aller gestalt, als hette
ez gelebet").

Das Lob der mannigfachsten Kunstwerke
zielt in der älteren Literatur zwar fast regel-
mäßig auf die wohlgelungene Täuschung der
leibhaften Erscheinung, aber gerade auf Kölner
Tafelbildern um die Wende des Jahrhunderts
verflacht die Ausprägung kräftiger individueller
Züge vollständig in der nivellierenden Typik,
im Ausdruck der Anmut und Holdseligkeit.
Auch Stifterbildnisse treten sehr wenig hervor.
So scheint es von Wert für die kunsthistori-
sche Forschung, hier auf ein wichtiges und
vielseitiges Werk der rheinischen Buchmalerei
hinzuweisen, das Evangelistar des Erzbischofs
Kuno von Falkenstein, datiert vom 8. Mai 1380,
das der Trierer Domschatz bewahrt. (Katalog
Nr. 557 a.)

Der Band enthält auf dem ersten Blatt in
Deckmalerei das Bildnis des Auftraggebers in
ganzer Figur thronend, von köstlicher Frische.
Bei der Anordnung diente vielleicht ein Siegel
zum Vorbild, aber alle jene vom Chronist be-
schriebenen Züge sind mit feiner Beobachtung
und sorgsamem Fleiß wiedergegeben. Dies
Porträt erscheint durchaus geeignet, hohe Be-
wunderung zu erregen. Der Zusammenhang

wird um so wahrscheinlicher, als der Chronist
seine Notiz unter dem angeführten Datum 1380
einordnete und die einzige beglaubigte Arbeit
des Kölner Meister Wilhelm eine hochge-
schätzte Leistung der Buchillustration, das Eid-
buch von 1370, war. Wenn nun das Evan-
gelistar des Kuno von Falkenstein auch mit
Bestimmtheit keine Arbeit des verstorbenen
Wilhelm von Herle sein kann, so stehen wir
hier doch vielleicht vor dem Werke, welches
Tilman Elhen zu jenem Lobspruch bestimmte.
Von einer Verwechslung, einem Irrtum ist er
schwerlich freizusprechen, auch die übrigen
kontrollierbaren Angaben der Chronik sind oft
unzuverlässig. Es ist nicht ohne Bedeutung,
auf diesen sehr wahrscheinlichen Zusammen-
hang hinzuweisen, um das Werk und die Kunst-
weise zu eruieren, welche der Schreiber in
Limburg im Sinne hatte, als er dem Meister
Wilhelm von Köln den höchsten Preis unter
allen deutschen Malern zuerkannte.

Die Düsseldorfer Ausstellung bot auch hin-
reichende Gelegenheit, die Blütezeit des linearen
Stiles in Köln um 1350 bis 1380 und sein
allmähliches Ausklingen zu studieren.

Die Verwaltung der Königlichen Museen
in Berlin hatte ein neuerworbenes Diptychon
gesandt, welches durch die tadellose Erhaltung
und die Feinheit der Durchbildung anzog.
(Kat.-Nr. 4.) Auf dem linken Flügel ist die
heilige Jungfrau dargestellt, eine Krone auf den
welligen Locken, sie sitzt auf gotischem Thron
und umfängt den Jesusknaben, der völlig be-
kleidet auf ihrem Schöße steht. Das Kind
liebkost die Mutter und streckt das Händchen
nach den Blumen aus, die Maria in zierlicher
Bewegung zwischen den Fingern hält. In
großzügigen Falten fließt die weiche Gewan-
dung um die schlanken Glieder. Zart abge-
tönte, weißlich schimmernde Lichter heben
die Faltenrücken plastisch hervor. Auf der
rechten Tafel hängt der gestorbene Christus in
feingeschwungener Körperhaltung am Kreuze
und wird von seinen Getreuen betrauert. Maria
sinkt in die Arme heiliger Frauen ; Johannes
erhebt beteuernd die Rechte, die hohe Gestalt
des Propheten Jesaias hinter ihm weist mit
feierlicher Gebärde auf den Erlöser hin: Ipse
vulneratus est propter iniquitates nostras. Zwei
Engel in der Höhe verhüllen weinend ihr An-
gesicht. Die Außenseite enthält „Die Verkün-
digung des Erzengel Gabriel". Die Gemälde
befanden sich noch in den 60 er Jahren in
 
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