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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Braun, Joseph: Ein Kölner Nadelmaler des XVII. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0170

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301

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

302

Ein Kölner Nadelmaler des XVII. Jahrhunderts.

(Mit 4 Abbildungen.)

n der ehemaligen Jesuitenkirche zu
Köln, der jetzigen St. Mariä-Himmel-
fahrtspfarrkirche, befinden sich eine
Anzahl von Paramenten, die, obwohl
erst um die Mitte des XVII. Jahrh. entstanden,
alle Beachtung verdienen. Bieten sie auch,
was die Form anlangt, nichts bemerkenswertes
mehr, so zählen sie doch, was die Stickereien
betrifft, mit denen sie ausgestattet sind, zu den
hervorragendsten Arbeiten, die sich aus jener
Zeit in Deutschland erhalten haben, ja über-
haupt damals auf deutschem Boden entstanden
sind. Es sind zwei Kasein, eine aus Kasel,
Dalmatik, Tuniceila und Pluviale samt Zubehör
bestehende vollständige Kapelle und ein Ante-
pendium. Die Paramente sind so wertvoll, daß
die Kapelle und das Antependium, welche am
meisten durch den Gebrauch und die Ungunst
der Zeit gelitten hatten, für würdig erachtet
wurden, einer sehr kostspieligen Restauration
unterzogen zu werden. Die Erneuerung ge-
schah durch das rastlose Bemühen des um die
Wiederherstellung der Kirche überhaupt so hoch-
verdienten Pfarrers Kappes durch diejKunst-
stickerin Frl. Minna Peters zu Neuß, und
verdient nicht nur alles Lob, sondern darf wegen
der Vollendung, mit welcher sie ausgeführt
wurde, geradezu ein Meisterstück genannt wer-
den. Überall bekundet sich nicht bloß die
äußerste Sorgfalt und Umsicht, sondern auch
volles Verständnis für die eigenartige, mannich-
faltige Technik, die durch das Verbleichen der
Stickereien bedingte Wahl der zur Restauration
erforderlichen Farbentöne und last not least den
von älteren Traditionen noch beeinflußten Stil
der bildlichen Darstellungen. Eine Wieder-
herstellung älterer Stickereien gut ausführen,
ist keine leichte Aufgabe und bei weitem nicht
Sache jeder Stickerin. Man kann selbst in
vorzüglicher Weise neues schaffen, ohne darum
auch schon imstande zu sein, altes, wie es
sich gehört, zu restaurieren. Wertvolle, schad-
hafte Stickereien aus früherer Zeit, bei denen
eine Restauration angebracht erscheint, sollten
daher nur solchen Händen anvertraut werden,
die das gerade für Arbeiten dieser Art erfor-
derliche Verständnis und das für sie unentbehr-

liche besondere Geschick in genügendem Maße
besitzen.1)

Von den beiden Kasein ist eine in Abb. 1
wiedergegeben. Sie besteht aus hellblauer Seide
und ist mit schweren, zum Teil farbig lasierten
Goldstickereien in üppigem Hochrelief bestickt.
Bloß in Seide sind nur wenige Partien her-
gestellt, so namentlich die Früchte und die
Innen- bezw. die Unterseite des Blattwerks.
Die Goldstickereien sind, wie übrigens auch der
Charakter der Stickereien kaum anders zuließ, in
Abhefttechnik ausgeführt, bei den Seidensticke-
reien ist der moderne sogen. Plattstich zur An-
wendung gekommen. Damit die schweren
Goldstickereien sich wirksamer von dem hellen
Grund abhöben, hat die Hand, welche die
Kasel schuf, alles Ornament, Blätter, Ranken,
Fruchtschalen, Früchte, das Monogramm des
Namens Jesu, sowie die diesen umgebenden
Strahlen, mit einer kräftigen Kontur in dunkel-
roter Seide versehen. Die Stickerei des Kasel-
kreuzes hat als Fond einen Goldstoff. Aber
nicht bloß hierdurch, sondern auch durch die
größere Dichtigkeit der das Kreuz füllenden
Stickereien tritt dieses in entschiedeneren Kon-
trast zu dem Gewandstoff mit seinem verhältnis-
mäßig leichteren Rankenwerk. Im übrigen
erhellt dei Charakter des Gewandes und seiner
Stickereien aus der beigefügten Abbildung. —
Die zweite Kasel bedarf keiner näheren Er-
läuterung. Sie ist ein Gegenstück zur ersten
und in jeder Beziehung, namentlich aber hin-
sichtlich der Stickereien nach Motiven, Technik
und Ausführung von ganz demselben Charakter.

Auch die zur obenerwähnten vollständigen
Kapelle gehörenden Levitengewänder samt dem
Pluviale und Zubehör (Kelchvelum, Stolen usw.)
bieten in bezug auf ihre Ausstattung nichts,
wodurch sie in dieser Hinsicht ein erheblich
anderes Bild gewährten als die in Abb. 1 wieder-
gegebene Kasel. Bemerkenswert ist nur die
geringe Breite der Stäbe auf der Dalmatik und
der Tunicella. Bildwerk befindet sich weder

') Andere Paramente, die von Frl. Peters in vor-
züglicher Weise restauriert wurden, befinden sich im
Erzbischbfl. Priesterseminar zu Köln und in der Pfarr-
kirche zu Gohr bei Neuß.
 
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