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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Schnütgen, Alexander: Zwei neue Altarkreuze romanischen Stils
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15

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

16

Zwei neue Altarkreuze romanischen Stils.

(Mit 2 Abbildungen.)

iltarkreuze, namentlich romanischer
Stilart, sind dem Goldschmied ver-
lockende Aufträge, weil für sie gute
^=?yi alte Vorbilder in hinreichender
Anzahl vorhanden, die mannigfaltigsten Tech-
niken verwendbar sind.
— Aus der Werkstatt des

Hofgoldschmieds
Joseph Kleefisch
(Firma Gabriel Herme-
ling) sind die beiden
hier abgebildeten Exem-
plare hervorgegangen,
von denen Nr. I von
Ihrer Majestät der Kai-
serin für die Kaiser
Wilhelm-Gedächtniskir-
che zu Berlin bestellt
ist, Nr. II für den neuen
Mengelbergschen Bal-
dachin - Hochaltar der
Quirinuskirche zu Neuß.
1. Das Altarkreuz
Nr. I ist Uli cm hoch,
in Silber ausgeführt und
vergoldet. Der gegos-
sene und ziselierte, aus
drei stilisierten Drachen
mit reichen Ranken-
ausläufern gebildete Fuß
schließt sich in selbstän-
diger Modellierung den
phantastischen Leuch-
terfüßen an, die zu
den elegantesten und
schmuckvollsten Er-
zeugnissen der spätro-
manischen Periode ge-
hören. Die Rundung,
in die die Restien aus-
laufen, eignet sich sehr
für die Aufnahme des
runden Schaftes, der
durch einen facettierten

Knauf unterbrochen wird. Den Übergang zum
Kreuz, also aus der Rundung in die Fläche, ver-
mittelt ein, einem Kronreifen entwachsender
Löwenkopf, dessen Rachen der Balkenzapfen
entsteigt, lilienförmig verziert, wie die drei
übrigen Endigungen der Kreuzbalken. Von

ihnen bildet ein die Silhouette hebendes
Wülstchen den Übergang zu dem eigentlichen
Kreuz, dessen unterer Längsbalken noch durch
eine wulstige Ausbauchung sehr vorteilhaft
unterbrochen wird, gerade an der Stelle der
dem Kruzifixus als Fuß-
brett dienenden Kon-
sole. Aus Elfenbein ge-
schnitzt, steht er in ge-
schwungener Haltung
mit beiden Füßen auf,
analog den alten roma-
nischen Kreuzbildern,
mit denen er auch die
segnende Gebärde der
rechten Hand teilt, hin-
sichtlich des oben etwas
zu knappen Lenden-
tuches aber, wie der zu
weichen Kopfbehand-
lung und der Dornen-
krone von ihnen, nicht
gerade zu seinem Vor-
teil, abweichend. An die
Stelle des eigentlichen
Kreuztitels sind die über-
einander gravierten Ma-
juskelbuchstaben ge-
setzt, unter völligem
Verzicht auf sonstige
sinnbildliche Beigaben,
mit denen bekanntlich
die Kreuze der romani-
schen Periode vielfach
so liebevoll ausgestattet
sind. — Desto enger
schließt sich das vorlie-
gende Kreuz an diese
Vorbilder hinsichtlich
des Reichtums der Tech-
niken an, die hier in
meisterhafter Weise zur
Geltung gebracht sind.
Den Kern der Kreuz-
balken bilden Nielloplatten mit Blattorna-
menten. Mit ihnen kontrastieren vortreff-
lich die sie einfassenden, steinverzierten
Filigranbörtchen, sowie das quadratische
Grubenschmelz-Kreuzmittel mit den ausladen-
den Malachitperlen, nebst den Lilienendigungen,
 
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