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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Kisa, Anton Carel: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf 1904, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0147

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Abhandlungen.

Die kunsthistorische Ausstellung in
Düsseldorf 1904.

X. (Schluß.)
Johannes und Herodias von C. Engel-
brecht sen (Kat.-Nr. 203).

(Mit Abbildung und Tafel VIII.)

jm alten Suermondtschen Katalog
war dieses vortreffliche Gemälde
einem unbekannten Niederländer
um 1500 zugewiesen und damit
die frühere Bestimmung als Martin Schön, mit
welcher es 1876 aus der Sammlung J. H. Beissel
übernommen worden war, richtig gestellt. Ich
habe sie nachträglich in Übereinstimmung mit
einigen Kennern auf Cornelis Engelbrechtsen
spezialisiert. Das Bild ist auf eine später oval
zugeschnittene Eichenholztafel von 0,31 m Höhe
und 0,24 m Breite gemalt und führt im Knie-
stück zwei nach rechts schreitende Figuren vor.
Die weibliche, fast ins Profil gestellte, ist in
vornehme Zeittracht gekleidet. Eine kronen-
artige Haube mit steifen, aufstehenden Bügeln,
reich mit einem goldenen Netzwerke, Ro-
setten, Ranken und Perlen bestickt, liegt glatt
auf dem Kopfe, dessen Haar aus der hoch-
gewölbten Stirn emporgezogen, in zwei dicken.
Widderhörnern ähnlichen Flechten Ohren und
Schläfen bedeckt. Hinten ist die Haube, die
in ihrer an getriebene Metallhelme erinnern-
den Art oft auf Bildern des Meisters vor-
kommt, von einem weißen Schleier um-
schlungen, der in langem, dünngefaltetem
Streif tief in den Rücken hinabhängt. Das
lichtblaue, aus schwerem Stoffe zugeschnittene
Obergewand ist groß gemustert, mit breiter
blumiger Borte versehen und über dem nach
der Mode der Zeit stark vortretenden Schöße
in steifer Falte gerafft. Die rundgepolsterten
Schulterstücke sind mit aufgenähten Perlen
besäet und mit einer schimmernden Goldfranze
abgeschlossen. Unter ihrem hohen Schlitze
werden faltige weiße Ärmel, unter dem Bausche
das großmusterige Damastgewebe sichtbar. Mit
der weißbehandschuhten Rechten reicht die
vornehme Dame dem neben ihr stehenden
Täufer einen kostbaren Becher (vergl. Abb.),
welchem — in der Photographie kaum kennt-

lich — nach meiner Erinnerung ein leicht an-
gedeutetes Teufelchen mit Drachenflügeln ent-
steigt, jenem ähnlich, welches Quinten Massys
über dem Kelche anbrachte, den der Evan-
gelist Johannes auf dem Flügelbilde bei Frau
v. Carstanjen in Berlin hält, nur luftiger, in
fast durchsichtigem Hauche.1) Den Deckel des
Bechers hat sie abgenommen und hält ihn in
der Rechten, so daß man in dessen Innerem
die kleinen schwarzen Scheibchen bemerkt,
welche ebensowohl Weihrauchkörner, wie (ver-
giftetes) Backwerk darstellen können. Ihre ins
Dreiviertelprofil gestellten Gesichtszüge blicken
ohne Teilnahme mit halbgeschlossenen Lidern
vorsieh, an Johannes vorbei. Über denkleinen
runden Augen sind die hochgeschwungenen
Brauen kaum sichtbar. Unter der langen und
schmalen Nase sitzen harte, hochmütig zu-
sammengepreßte Lippen und ein kurzes, ver-
zogenes Kinn, das in eigentümlicher Linie in
den Hals übergeht. Viel Sympathie hat der
Maler auf den Kopf des Johannes verwen-
det, welcher im Gegensatze zu dem weib-
lichen, ziemlich flach gehaltenen Kopfe in kräf-
tigen braunen Tönen modelliert, sich diesem
zuwendet, während die Gestalt von vorne, mit
leichter Wendung nach rechts aufgefaßt ist.
Unter der hohen, klaren Stirn leuchten die
braunen Augen, von breiten rundlichen Lidern
umrahmt, in milder Güte hervor. Auch hier
ist die Nase lang, aber gut gezeichnet, der
Mund von dem dichten braunen Barte ver-
borgen, der in zwei kurze Spitzen geteilt, die
mageren Wangen umgibt. Das lange braune
Haupthaar fällt in breiten Strähnen über die
Ohren. Der Kopf ist vortrefflich durchgebil-
det, von eigenartiger, weicher Schönheit, weicher,
als man es sonst von den Holländern dieser
Zeit gewohnt ist, eher von den Flamen. Über
dem härenen braunen Kleide des Täufers liegt
ein einfacher blauer Mantel, aus welchem die
nackten Unterarme hervorkommen. Die Be-
wegung seiner kleinen, wohlgebildeten Rechten

J) Das Bild war 1904 gleichfalls in Düsseldorf
ausgestellt. Unter dem beschwörenden Gebete des
Evangelisten scheint dem Kelche das Gift in Gestalt
des kleinen Dämons zu entweichen. Der zweite dazu-
gehörige Flügel enthklt eine Darstellung der hl. Agnes.
 
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