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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Braun, Joseph: Filetarbeiten im Kgl. Bayerischen Nationalmuseum zu München
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0125

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217

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 7.

218

Filetarbeiten im Kgl. Bayerischen Nationalmuseum zu München.

(Mit 4 Abbildungen.)

iletspitzen werden seit etwa einem
Jahrzehnt wieder mit großer Vor-
liebe zur Verzierung der Linnen-
paramente: der Albe,des Superpelli-
ceums, des Rochetts, der Altartücher und der
Kommunionbanktücher verwendet. In der Tat
sind sie, gut gearbeitet, für diesen Zweck recht
brauchbar. Namentlich können sie für Super-
Pelliceen (Rochett) und Altartücher empfohlen
werden. Für Alben und Kommunionbanktücher
eignen sie sich nur, wenn sie genügend solid
und dicht sind.

Filetspitzen werden entsprechend der Be-
lebtheit ihrer Verwendung heute auch von
den Paramenten - Ge-
schäften und sogen.
Anstalten für christ-
liche Kunst vielfach
fertig feilgeboten. Lei-
der gilt von solchen
Spitzen nur zu oft
ganz dasselbe, was
überhaupt von den Er-
zeugnissen dieser Ge-
schäfte gesagt werden
muß. Will man sie auch
nicht als Schund be-
zeichnen, so läßt sich
doch bei weitem nicht
immer sagen, daß sie
ein wirklich schöner u.
geeigneter Schmuck
derSuperpelliceen, Al-
ben usw. seien. Ein Hauptfehler bei ihnen ist, daß
die Maschen des Filets durchweg zu groß sind.
Messen dieselben doch sehr gewöhnlich fast
1 qcm. Es liegt auf der Hand, daß in solchen
Fällen die Spitze zu spinnwebartig, das Muster
aber zu grob aussehen muß. Aber auch die
Solidität kann bei derartigen weiten Maschen
unmöglich genügend gewahrt werden. Ein
weiterer Fehler besteht darin, daß zum Durch-
stopfen der Maschen ein zu lockerer Faden
gebraucht wird. Allerdings ist richtig, daß
loses Stopfgarn ,besser füllt als ein gedrehter
Faden. Allein man braucht nur einmal die
Spitze nach dem Waschen zu betrachten. Man
wird dann oft zu seinem Schrecken gewahren,
wiesehr die Fäden sich verschoben und wie die
ehedem scheinbar dicht ausgestopften Maschen

Abb. 1.

bedenkliche Lücken aufweisen, gewiß nicht
zum Vorteil der Wirkung der Spitze. Ein
letzter Grund, warum die Filetarbeiten, wie sie
von den Geschäften angeboten werden, so
wenig befriedigen, liegt in der Mangel-
haftigkeit der eingestickten Muster, die sich
für gewöhnlich auf Stern, Rosette und andere
einfache geometrische Gebilde beschränken.
Naturalistisch behandelte Motive passen aller-
dings für Maschenspitzen nicht; aber daraus
folgt keineswegs, daß die Musterung ganz und aus-
schließlich in derartigen einfachen geometrischen
Figuren aufzugehen habe. Es gibt ja auch
passende stilisierte Motive und geometrisch
umgeformte vegetabi-
lische und animale Ge-
bilde, welche in sehr
wirkungsvoller Weise
für Maschenspitzen zur
Verwendung kommen
können. Die beifol-
genden Abbildungen
bekunden das in über-
zeugender Weise.

Ihre Originale, die
unbedenklich als vor-
bildlich bezeichnet
werden dürfen, befin-
den sich im Kgl. Baye-
rischen Nationalmu-
seum zu München und
entstammen dem XVI.
und XVII. Jahrh. Sie
erscheinen auf den Abbildungen 74—Vs ver"
kleinert. Bemerkenswert ist bei allen die Eng-
maschigkeit des Filetgrundes. Die Maschen-
weite schwankt zwischen 3 und 4 qmm, welch
letzteres Maß bei keiner überschritten ist, nicht
einmal bei der nur auf J/4—'/g verkleinerten
Spitze (Abb. 1). Indessen liegt auf der Hand,
daß bei weiteren Maschen unmöglich eine so
zierliche und edle Ausführung der Rankenmo-
tive möglich gewesen wäre. Insbesondere gilt
das von dem frei behandelten späten Barock-
motiv der Spitze (Abb. 4). Ungemein wirkungs-
voll ist die unter (Abb. 1) wiedergegebene
Maschenarbeit. Sie findet sich als Einsatz in
einer Linnendecke und entspricht in ihrem
Charakter ganz den Vorlagen in Siebmachers
Modellbüchlein. Man wird sie am besten an

Abb. 2.
 
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