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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Kleinschmidt, Beda: Das Rationale zu Paderborn
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0141

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247

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

248

3. Das neue unter Fürstbischof Ferdinand
angefertigte Rationale hat sich bis zur Stunde
erhalten und schmückt noch heute an festlichen
Tagen den Bischof bei der hl. Messe. Weiteren
Kreisen wurde seine Gestalt eigentlich erst durch
die Abbildung in den »Kunstdenkmälern von
Paderborn«21) bekannt; doch bietet Ludorff
keine Abbildung des Rationale in seiner gegen-
wärtigen Gestalt, wie er auch über die Aus-
stattung nur einige dürftige Andeutungen macht.
Es ist daher wohl angebracht, das seltene
Monument hier etwas ausführlicher zu besprechen
und es in einer neuen Abbildung vorzuführen,
welche nach einer
eigens für diesen Auf-
satz angefertigten Pho-
tographie hergestellt
wurde (Abb. 6).

Die Gestalt der
Insignie ist aus der
Abbildung hinlänglich
ersichtlich: es ist ein

rechteckiges Ornat-
stück mit zwei kurzen
Behängen auf der
Brust und dem Rük-
ken; diese Behänge
sind mit 11 cm langen
Goldfransen verziert.
In der Länge mißt es
58 cm, wovon 11 cm
auf die 9 cm breiten Be-
hänge kommen, in der
Breite 39 cm. In der
Mitte ist eine fast kreis-
förmige Öffnung angebracht (17X21). Mittelst
einiger Häkchen wird es geschlossen. Der
Fond des ganzen Ornates ist ein schönes Gold-
gewebe, das mit Stickereien, Inschriften, Edel-
steinen und Perlen fast ganz bedeckt ist. Die
über das ganze Ornatstück zerstreuten Arabesken
sind teils durch Bouillonstickerei, teils durch
Goldkordeln hergestellt. In Bouillonstickerei
sind auch die Inschriften auf den beiden
Längsseiten und am äußern Rande der Breit-
seiten gehalten, während die fünf andern
Worte auf den Breitestücken aus massigem
Metall gearbeitet sind. In diese Metallplätt-
chen sind zahlreiche Diamanten in Tafel-
schliff eingelassen. Alle Buchstaben sind Ma-

Abb. 5.

21) »Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Pader-
born« (1899) Taf. 60.

juskeln von fast 2 cm Höhe. Jede Schmalseite
ist mit einem großen, von zahlreichen kleinen
Steinen umgebenen Topas geschmückt; einer
derselben trägt das Wappen des Stifters, darunter
sieht man auf einem Metallplättchen das Wappen
des Restaurators, des Bischofs Hubertus Simar.
Die kleinen Steine sind teils echt, teils unecht;
unter den echten befinden sich einige Smaragde
von bedeutendem Werte, ferner Granaten und
Almadine. Die an der Halsöffnung entstan-
denen Zwickel wurden mit einer gefälligen
Verzierung von echten Perlen ausgefüllt. Das
Ornatstück besitzt einen nicht unbedeutenden
materiellen Wert.

Was speziell die
Inschriften an-
langt, so geben die
Worte auf der Längs-
seite kurz die Ge-
schichte des Paderbor-
ner Rationale an; sie
lauten: Bernardus I
epüs päd. impetravit.
Innocentius II P. M.
concessit. Ferdinan-
dus II epüs päd. ara-
pliavit. Alexander VII.

P. M. confirmavit.
Bernhard I. hat es er-
langt, Innozenz IL es
bewilligt, Ferdinand IL
seinen Gebrauch ver-
mehrt, Alexander VII.
es bestätigt. Die an
dem äußern Rande
der Breitseiten befindliche Inschrift lautet:
Hubertus ep. Paderb. rcnovavil MDCCCXII.
Das durch langen Gebrauch schadhaft ge-
wordene Ornatstück ließ nämlich Bischof
Hubertus im Jahre 1892 durch die geschick-
ten Hände der Franziskanerinnen zu Salz-
kotten (bei Paderborn) einer pietätvollen Re-
stauration unterziehen und bei dieser Gele-
genheit außer der angegebenen Inschrift und
seinem Wappen zu den vier Worten Doctrina —
Veritas auf der einen, Fides — Caritas auf der
andern Seite in gleicher Technik noch das
Wort Spes hinzufügen.22)

n) Es existiert noch ein zweites Rationale in Pader-
born, '„welches unter Bischof Clemens von Ledebur
(1825—1844) angefertigt wurde; es ist eine einfache,
wertlose Arbeit.
 
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