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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Bilderhandschrift der Biblia Pauperum mit 48 Bildtafeln auf 24 Pergamentblättern (XV. Jahrhundert)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0154

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271

1905- — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

272

Tafel 37. a) David schleudert den Stein gegen Go-
liath, b) Christus erlöst die Uraltem aus
der Vorhölle, c) Samson zerreißt den Löwen,

„ 38. a) Samson trägt die Tore von Gaza weg,
b) Die Auferstehung Christi, c) Jonas wird
vom Walfisch ausgespieen;

„ 39. a) Rüben vermißt Joseph im Brunnen
b) Die heiligen Frauen am leeren Grabe
Christi, c) Die Sunamitin weint über den
Tod ihres Kindes und sucht Elisa;

„ 40. a) Dem Daniel in der Löwengrube bringt
Habakuk Speise; b) Christus als Gärtner
und St. Maria Magdalena; c) Der himm-
lische Bräutigam findet seine Braut;

„ 4L a) Jakob bringt seinem Vater Isaak Speise,

b) Zwei Jünger bitten den Herrn, in Emmaus
bei ihnen einzukehren, c) Der Engel bringt
den jungen Tobias zu Raguel;

i 42. a) Joseph gibt sich seinen Brüdern zu er-
kennen, b) Der Herr erscheint seinen Jüngern
zum erstenmal, c) Der alte Tobias empfängt
den jungen Tobias mit Freuden ;

a 43. a) Gideon und das betaute Fell, b) Der
Herr zeigt sich seinen Jüngern und zeigt
St. Thomas seine Nägelmale, c) Jakob ringt
mit dem Herrn ;

„ 44. a) Henoch wird in das Paradies aufgenom-
men, b) Die Himmelfahrt Christi, c) Die
Himmelfahrt des Elias ;

„ 45. a) Die Gesetzgebung auf Sinai, b) Die
Ausgießung des heiligen Geistes, c) Auf
das Gebet des Elias fällt Feuer vom Himmel
und verzehrt das Opfer;

„ 46. a) David holt die Bundeslade mit Psalter
und Harfe; b) Die Himmelfahrt Maria,

c) Die schöne Jungfrau Abisag wird zu
David gebracht;

„ 47. a) Salomon ehrt seine Mutter; b) Die
Krönung der Jungfrau Maria, c) Esther
gefällt dem Könige Assuerus;
„ 48. a) Das Urteil des Salomon, b) Das Welt-
gericht, c) Der Amalekiter, welcher Sauls
Tod meldet, wird auf Davids Befehl nieder-
gehauen.
Die Tafeln 17, 18, 22, 24, 25, 30, 31 und 46
sind unserer Rezension eigen und finden sich nicht
in den gedruckten Ausgaben der Biblia Pauperum;
dagegen fehlen unserer Handschrift a) von den Aus-
gaben zu 40 Tafeln die Tafel t, v, . f ., . s ., . t .,
. v .; b) von der Rezension zu 50 Tafeln die Tafeln
A . B . D . F .; andere Tafeln sind verschieden zu-
sammengestellt.

Als eine Eigentümlichkeit unserer Rezension muß
noch bemerkt werden, daß sämtliche Nebenbilder
alttestamentlichen Stoff enthalten, was eine Veranlas-
sung gewesen zu sein scheint, daß mancher Gegen-
stand mehrfach benutzt worden ist. So wird die Ab-
holung der Bundeslade Tafel 8, 13, 31 und 46, der
durch Athalia veranlaßte Kindermord Tafel 7 und 22,
endlich Moses auf dem Berge Sinai Tafel 17 und 45
dargestellt. Doch hat der Künstler immer eine ver-
schiedene Konzeption des Gegenstandes im Bilde ge-

3) Das Bild, obgleich anders konzipiert, enthält ganz die
Motive der vorangehenden Kreuztragung.

geben und dadurch eine formale Wiederholung ver-
mieden.

Vergleichen wir diese Biblia Pauperum mit den
andern gedruckten Werken dieserGattung, so erkennen
wir sofort, daß der Künstler seine Kompositionen
nicht anderswo erborgt, sondern selbständig erfunden
hat. Schon die äußere Anordnung weicht von der
üblichen Form ab, indem das Hauptbild hier nicht in
der Mitte zwischen den Nebenbildern, sondern oben
steht und letztere nicht auf den Seiten, sondern unten
angebracht sind. Auch die Köpfe der alttestament-
lichen Figuren stehen hier nicht über und unter dem
Hauptbilde, sondern oben zu Seiten desselben Diese
Abweichung erklärt sich ganz einfach aus der Be-
schränktheit des Raumes, indem die Nebenbilder,
welche fast eben so groß sind als das Hauptbild,
neben diesem, bei der geringeren Breite des Perga-
ments keinen Platz mehr fanden. Anlage und Kom-
position verraten die Hand eines ideenreichen, selb-
ständig schaffenden, seiner Aufgabe vollständig ge-
wachsenen Künstlers. Seine Entwürfe sind mit
malerischer Freiheit und doch sicher und verständig
angelegt, die Zeichnung der Figuren enthält wenig
Konventionelles, sondern basiert auf aufmerksamer
Beobachtung der Natur; die Figuren sind gut gruppiert
und in ihren Handlungen lebendig und wirksam auf-
gefaßt; in ihren Köpfen zeigt sich durchweg Streben
nach individueller Charakteristik. Daß dieses Streben
nicht stets zum vollen Durchbruch kommt, ist unsers
Erachtens weniger dem Unvermögen des Künstlers,
als der Ait und Weise der Zeichnung zuzuschreiben.
Dieselbe trägt im ganzen den Charakter reiner Feder-
zeichnung, bei welcher die Umrisse stets als das
Wesentliche und Wirksame erscheinen, eine sorgfäl-
tige Durchführung in den Schatten und deren Über-
gängen nur vermittelst anderer Stoffe, der Tusche, des
Bleistifts möglich ist. Die erste Anlage der Bilder
ist jedoch nicht mit der Feder, sondern äußerst zart
und fein mit dem Bleistift gemacht, welcher sich mit
den feinen Fasern des Pergaments so innig verbunden
hat, daß er selbst dem Gummi elasticum Widerstand
leistet. Da aber das Pergament bei seiner rauhen
Oberfläche einer sorgfältigen Führung des Blei manche
Schwierigkeiten in den Weg legt, indem die Umrisse
oder Linien nicht fließend, sondern wie punktiert
unterbrochen erscheinen, und da, wo dem Blei ein
kräftiger Druck gegeben wird, dieselben rauh und
breit werden, so wurden die Bilder mit der Feder
übergangen und weiter ausgeführt, die Umrisse auf
diese Weise fließender und wirksamer gemacht und
vor dem Untergang auf dem rauhen Pergament infolge
der Reibung besser bewahrt. Es versteht sich von
selbst, daß der Künstler bei dieser Überarbeitung die
erste Anlage nicht immer streng beobachtete, daß er,
wo es ihm nötig schien, von den ursprünglichen Linien
abwich und neue anbrachte, da es ihm um ein mecha-
nisches Nachziehen nicht zu tun sein konnte. Im
Ganzen aber verlor die Zeichnung durch diese Über-
arbeitung von ihrer ursprünglichen Feinheit und Zart-
heit, indem die Linien infolge der Rauheit des Perga-
ments stärker und rauher wurden.

Außer dieser Überarbeitung mit der Feder zeigen
sich hie und da noch einige spätere Federkorrekturen,
die von derselben Hand herzurühren scheinen, welche
 
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