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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Braun, Joseph: Ein Kölner Nadelmaler des XVII. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0175

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311

1905.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

312

und ihr Gewicht zu einer Last machen. Allein
das sind Fehler, die nun einmal im Geschmack,
der Zeit, dessen Einfluß sich natürlich auch
Bruder Lüdgens nicht entziehen konnte, ihre
Wurzel haben und darum beim Urteil über
dessen Können und Kunst nicht zu sehr be-
tont werden dürfen. Wenn man etwas be-
dauern soll, ist es, daß des Bruders Tätigkeit
in eine Zeit fiel, in welcher die kirchliche
Stickerei bei
allen techni-
schen Fort-
schritten in
bezug auf
edle Formen-
gabe, Reich-
tum der Mo-
tive und be-
sonders die
Verwertung
von figuralen
Darstellun-
gen von
ihrer einsti-
gen Höhe
herabgesun-
ken war. Was
Lüdgens un-
ter günstige-
ren Strömun-
gen geleistet
haben würde,
beweisen die
nach techni-
scher Be-
handlung wie

Zeichnung
und Anord-
nung sc vor-
züglichen
Bildwerke,

mit denen er den Besatz der letztbeschrie-
benen Kasel und das Antependium schmückte.
Übrigens ist im Auge zu behalten, daß
selbst die Schwere der ornamentalen Sticke-
reien in ganz anderem Lichte erscheint, sobald
wir die Paramente mitten in dem Milieu be-
trachten, für welche sie bestimmt waren, d. i.
inmitten des durch seine Einheit so bedeutend
und so großartig wirkenden, vom massigen
Knorpelornament ganz beherrschten Kirchen-

Abb. 4. Detail des Antependiums : St. Ignatius v. L.

mobiliars der ehemaligen Jesuitenkirche, ange-
fangen vom Altar bis zur letzten Kirchenbank.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß, was man
auch von den ornamentalen Stickereien Lüdgens
an sich denken mag, dieselben in voller Har-
monie zur Umgebung, in der die Paramente
verwendet wurden, stehen.

Es ist eine heute viel verbreitete Anschauung,
das Sticken sei eigentlich Sache der Frauenhand,

und gerade
die Frauen
hätten eine
besondere
Gabe für das
Sticken. Eine
solche Auf-
fassung be-
kundet in-
dessen eine
völlige Un-
- kenntnis der
Vergangen-
heit. Eine
Reihe der
vorzüglich-
sten alten
Stickereien,
um nicht zu

sagen die

Mehrzahl, ist

gleich den

Paramenten,

die Bruder

Lüdgens
schuf, das
Werk von
Männerhän-
den. Aber
auch heute
noch beweist
das Atelier

der Firma J. Grosse" zu Bruges, was gut geschulte,
im Zeichnen und Malen geübte Männer auf
dem Gebiete der kirchlichen Stickkunst zu
leisten vermögen. Es sind nur Männer, die dort
beschäftigt sind; die Stickereien aber, die von
diesen angefertigt werden, gehören in bezug
auf Technik wie Darstellungen zu dem besten,
was in neuerer Zeit auf dem Gebiete der
religiösen Nadelmalerei geleistet wird.

Luxemburg. Jos. Braun S. J.
 
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