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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Kisa, Anton Carel: Die gravierten Metallschüsseln des XII. und XIII. Jahrhunderts, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0209

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375

1905.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

376

die Gebrauchsart der Schüsseln. An der Stelle
oder in der Nähe von Kirchen und Klöstern
wurden nur wenige gefunden — die beiden
Aachener Exemplare jüngeren Datums, die
von Gent, Zobten und Lund. Ob die Xantener
Schüssel von Anfang an sich im Besitze der
Victorskirche befand oder erst später in sie
gekommen ist, bleibt ungewiß. Der weitaus
größte Teil, darunter alle Schüsseln mit Flügel-
gestalten, stammt aus Gräbern, Wohnhäusern
und Befestigungsanlagen, hat sich also in Privat-
besitz befunden. Wahrscheinlich sind sie zu
verschiedenen Zwecken benutzt worden, so-
wohl zu religiösen, wie zu profanen. Gewöhn-
liches Gebrauchsgerät waren aber selbst die
ganz flüchtig gravierten Stücke wenigstens zu
Anfang keinesfalls, dagegen spricht entschieden
die Vergoldung, die allen den Charakter des
Luxusgerätes gibt. Einige dienten bei der
Händewaschung des Priesters vor und während
des Meßopfers, die bereits im Jahre 347 vor-
geschrieben wurde.62) Der „über ponüficalis",
das älteste Verzeichnis liturgischer Geräte,
nennt die hierbei gebrauchten Schüsseln (pelves,
ciphi). Gewöhnlich ist es nur eine, die vom
Ministranten unter die Hände des Priesters
gehalten wird, um das aus dem Aquamanile
gegossene Wasser aufzufangen. Die gewöhn-
liche Form dieses Gießgefäßes war die der
Kanne, später kamen Phantasieformen, nament-
lich durch die Dinandiers hinzu. Oft verwandte
man zwei gleichartige Becken (bicavia, gemelli),
das eine zum Ausgießen, das andere zum Auf-
fangen des Wassers, wobei manchmal das erstere
mit einem kleinen Ausgusse in Form eines
Löwen- oder Drachenkopfes, auch in Form
eines Schnabels versehen wurde. Einfache
Waschbecken dieser Art werden im Gitter zu
Halberstadt, in der Schloßkirche zu Hannover
u. a. verwahrtss) Auch an Höfen und bei
Vornehmen wurden solche Metallbecken bei
der Tafel zum Waschen der Hände benutzt.
Viollet le Duc beschreibt eingehend die dabei
übliche, umständliche Zeremonie. Ein kirch-
liches Gerät, vielleicht ein Taufbecken wie die
Cappenberger Schale, haben wir in der Schüssel
von Xanten zu sehen. Paarweise wurden gra-

b*) Lebrun, »explication des ceremonies de la
messe« II, 344.

63) Viollet - le - Duc, »mobilier s. bassin«. —
Kraus, »Gesch. der christl. Kunst«.

vierte Schüsseln öfter gefunden, so in Gent,
Worms, Olmütz, am Zobten, zu Pöddels in
Esthland. Sie können als Waschbecken des
Priesters oder als solche bei privaten Fest-
mählern benutzt worden sein; ebenso einzelne
Schüsseln in Verbindung mit einem Aqua-
manile. Feith54) glaubt für die Groninger
Schüssel und alle gleichartigen Stücke die
Bezeichnung „lavacrum" gefunden zu haben
und zwar in einer Lebensbeschreibung des
Abtes Eggerdus (1268—87) von der Abtei
Aduard in der Nähe von Groningen. Die be-
treffende Stelle lautet: „Fecit praeterea fundi
lavacrum aeneum ante refectorium, in quo
fratres manus abluerent, antequam altarem vel
mensam accederent." Hier ist sicher keine
Schüssel gemeint, sondern ein größeres in
Bronze gegossenes Wasserbecken, das in einem
Räume vor dem Refektorium entweder frei-
stand oder in die Wand eingelassen war.

Viel Wahrscheinlichkeit hat auch der Ge-
brauch der Schüsseln bei den sog. Eulogien
für sich. In den ersten Jahrhunderten des
Christentumes waren große, schüsselartige Pa-
tenen (patenae ministeriales) zur Spendung
des Altarssakramentes an die Gläubigen nötig
gewesen, weil die Kommunion der ganzen Ge-
meinde tatsächlich eine gemeinsame war und
die Brode bedeutend größer gemacht wurden
als die späteren Hostien. Vom IX. Jahrh. ab
änderte sich dies und patenae ministeriales
wurden nicht mehr zur Kommunion verwendet.
Man behielt sie aber zum Einsammeln und zum
Verteilen der Brode bei, welche die Gläubigen
vom Priester segnen (nicht weihen) ließen und
aus der Kirche nach Hause mitnahmen. Diese
gesegneten Brode nannte man im Gegensatze
zu den geweihten der Eucharistie die Eulogien.
Die Segnung erfolgte beim Offertorium oder
nach dem Meßopfer, später auch bei anderen
Gelegenheiten, selbst außerhalb der Kirche,
durch priesterliches Gebet. Man ließ nicht
nur Brode, sondern auch Obst una andere
Speisen segnen, machte sie sich gegenseitig
zum Geschenke und verzehrte sie mit Andacht,
als teilweisen Ersatz des geweihten Brodes.
Als besondere Vergünstigung wurden Eulogien
auch Mönchen während ihrer Mahlzeit im
Refektorium gestattet.65) Zu ihrer Aufnahme

M) »Bonner Jahrb.« XCIV, 143 f.

65) Kraus, R. Enzykl. s. Eulogien und Patene.
 
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