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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Witte, Fritz: Talmi gegen Gold: Über schlechte u. echte Metallkunst im Dienste der Kirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0043

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 1/2.

dem Kopieren Lebewohl gesagt und der neuzeitlichen Richtung sich angeschlossen
haben? Und die Künstler, die uns moderne kirchliche Geräte darbieten, stehen in
den vordersten Reihen derjenigen, die als die Bahnbrecher nicht nur, sondern auch
als die Reifsten und Größten in der Profankunst gelten. Da hat der Klerus ganz gewiß
allen Grund, Vertrauen zu schöpfen und zum mindesten den Vergleich ehrlich zu
ziehen zwischen alt und neu. Was kümmert's uns, wenn der eine oder andere, und
gehöre er selbst zu den Männern von Einfluß, nicht mit kann oder nicht mit fort-
schreitenwill? Ob der geniale Goldschmied auf dem bischöflichen Stuhle, der hl .Bern-
ward von Hildesheim, wohl so töricht gewesen wäre und dem Eindringen des neuen,
des spätromanischen oder des gotischen Stiles sich in den Weg geworfen haben
würde? Er selbst hat an der Vervollkommnung seiner Kunst zeitlebens gearbeitet
und — er selbst ist der Bahnbrecher einer vollkommen neuen Richtung in der
kirchlichen Metallkunst gerade gewesen! Ihm mag seine oberhirtliche Autorität
allerdings fördernd zur Seite gestanden haben. Nur eine Einschränkung kennt
die kirchliche Kunst, und das ist die, daß sie auch wirklich kirchlich sei, daß sie

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Abb. 32.

v. Mayrhofer, München.

der Verherrlichung des Gottesdienstes und damit, der Ehre Gottes diene. Das
schließt alles Unwürdige und Extravagante, das des Ernstes ermangelt, von vorn-
herein aus, aber auch alles das, was nicht wahrhaft künstlerisch ist. Gott gab
die Talente eines Künstlers nicht, damit dieser kopiere — dazu gehört nicht
mehr und nicht weniger als Geschicklichkeit —, er soll arbeiten und streben,
in immer neuen, in immer vollkommeneren Formen nach seinem besten Können
das Lob Gottes zu künden. Wer immer das leugnen will, der hält es auch für
überflüssig, daß wirkliche gottbegnadete Talente in den Dienst der kirch-
lichen Kunst treten, er kommt aus mit handwerklich und vielleicht ganz
gedankenlos nachschwätzenden Technikern. Wir haben eine stattliche Anzahl
von durchaus fähigen und strebsamen Goldschmieden usw. in unserem Lager,
die alle sich freuen würden, wenn ihnen neue Aufgaben zur Lösung gestellt
würden. Neben der kirchlichen Metallkunst als solcher galt auch ihnen allen das
aufmunternde Wort, aber auch den einsichtigen Klerikern, deren Zahl von Tag
zu Tag sich mehrt, die mit der Zeit fortschreiten und nicht in einem übertriebenen
ungesunden Konservatismus verknöchern möchten. Die Zeitschrift wird von
Zeit zu Zeit dem Klerus und dem kunstfrohen Laien neue Arbeiten vorführen,
die vom fleißigen Streben wie vom greifbaren Fortschritt Zeugnis abzulegen
 
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