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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Creutz, Max: Ein Kristallkreuz von Professor Ernst Riegel
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0185

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166 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 10.

EIN KRISTALLKREUZ
VON PROFESSOR ERNST RIEGEL.

Mit 2 Abbildungen.

Die Verwendung des geschnittenen Steines oder Kristalles in der kirchlichen
Kunst geht im Abendlande in die ottonische und karolingische Zeit zurück.
Bekannt ist der Brief, den Gerbert für Bischof Adalbero von Reims an Erz-
bischof Egbert von Trier (977—993) schrieb. Es handelte sich um ein Kreuz, für
das von Reims aus Material nach Trier gesandt wurde. „Exiguam materiam
nostram magnum ac celebre ingenium vestrum nobihtavit, cum adjunctione vitri
tum compositione artificis elegantis." Bei dem Goldkreuze aus dem Schatze von
Enger-Herford im Berliner Kunstgewerbemuseum kommt ein derartiges Kristall
mit einem Engel vor.

Das kostbarste Stück dieser Art ist ein großes Kristall mit reich-figurigen Dar-
stellungen aus dem Leben der Susanna im Britischen Museum zu London1. In
abendländischen Kirchen haben sich dann eine große Zahl von Bergkristallarbeiten
erhalten, die offenbar durch die Kreuzzüge herüberkamen2. Am bekanntesten
ist eine Kanne mit Löwenfiguren und Palmetten in S. Marco, die inschriftlich den
Namen eines fatimidischen Kalifen aus dem Ende des X. Jahrh. nennt. Häufig
vorkommen dann Glasfläschchen mit Palmettendekor, sogenannte Schachbrett-
figuren und Tassen in Metallfassung wie an der Heinrichkanzel im Aachener Dome.
Seine eigentliche Verwendung fand das Kristall in der romanischen und gotischen
Epoche, die transluzides Material besonders bevorzugten, auf Rehquienschreinen als
Knauf oder als Stein gefaßt und als Behälter für Reliquien. Ein besonders schönes
zylindrisches Kristallgefäß auf vier Löwenfüßen für Reliquien befindet sich in der
Sammlung Alexander Schnütgen, wo auch eines der prachtvollen gotischen
Kristallkreuze mit durchbrochenem Blattknauf aus Metall erhalten ist, wie sie
Professor Riegel wenigstens der Idee nach zu seiner Schöpfung angeregt haben
mögen. Dieses moderne Bergkristallkreuz ist bestimmt für das neue Mausoleum
Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen und bei Rhein. Die auf
versilbertem Messingrohr gereihten Kristalle werden durch Fassungen aus ver-
goldetem Silber und Filigran gehalten. Die Arme des Kreuzes sind durch einen
Nimbus aus durchbrochenem Palmettenornament mit Mondsteinkugeln verbun-
den. In der Mitte eingeschnitten ist das Monogramm Christi, umrahmt von edel-
steingeschmückten Bändern und Fihgrankugeln. Die Helligkeit des Kristalls wird
verstärkt durch farbige Steine, rote und grüne Turmaline und durch Amethyst-
kugeln. Von besonderer Schönheit ist auch der Fuß des Kreuzes mit den emaillier-
ten Wappen des Großherzoghchen Paares. Auf Filigranvoluten steht zur Seite je
ein Engel in emaillierter Gewandung nach byzantinischem Vorbilde auf einer
Bergkristallkugel. Kelch und Hostie werden von ihnen getragen als Rubin und
Mondscheinhnse. Aus dem Filigran leuchten Amethyste, rote und grüne Turma-
line, neben Kugeln aus Bergkristall. Als leichtere Vermittlung zwischen Fuß und

1 Creutz, Edelmetalle, S. 153.

~ Vgl. Rob. Schmidt, Das Glas; Handbücher der Königlichen Museen S. 44.
 
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