Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

DOI Artikel:
Creutz, Max: Ein rheinisches Antependium
DOI Artikel:
Lüthgen, Eugen: Eine niederrheinische Abendmahlgruppe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
108___________ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.___________Nr. 7.

Faltengebung ist dort reicher durchgebildet; doch erinnert die Art der Anbringung
einzelner Figuren an die Komposition des Brüsseler Behanges. Technisch sind
die Stickerinnen der vollendeten Vorzeichnung offenbar nicht in allen Einzel-
heiten gerecht geworden, doch leidet darunter die Gesamtwirkung in keiner Weise.
Besonders trägt der dunkle Seidenpurpur, der in dieser Zeit eine Seltenheit be-
deutet und vielleicht aus älterer Zeit stammt, zur harmonischen Gesamtwirkung
bei. An Bedeutung für die heimische Kunst muß die Arbeit den besten Doku-
menten der Zeit, dem Quedlinburger Knüpfteppich und dem gewebten Altarbild
mit Darstellung der Kreuzigung im Dom zu Regensburg, an die Seite gestellt
werden. M. Creutz.

EINE NIEDERRHEINISCHE
ABENDMAHLGRUPPE.

Mit 3 Abbildungen.

Das Kunstgewerbemuseum der Stadt Köln besitzt eine aus Eichenholz ge-
schnitzte Abendmahlgruppe, die, wie Form und Anlage beweist, aus einem
Altar stammt. Sie gehörte vordem der Sammlung Roettgen in Bonn an,
wohin sie aus dem Besitz eines Pfarrers in Coesfeld gelangte. Reiners vermutet
in ihr im Katalog der Sammlung Roettgen eine Utrechter Arbeit; Clemen be-
zeichnete sie in den Kunstdenkmälern als Soester Schule1.

Die Gruppe ist aus einem Eichenholzblock geschnitzt, der in der Breite 0,54 m,
in der Tiefe 0,20 m und in der Höhe 0,61 m beträgt. Um das Reissen des Holzes
zu verhindern, wurde der Block auf der Rückseite ausgehöhlt.

Die Maße des Blockes geben die Grundlage für den Aufbau und die Gliederung
der Darstellung, deren Ziel war, die gegebenen Vorgänge sich in einer sinnlich
wirkungsvollen Raumtiefe abspielen zu lassen. Um die Raumschichten dem Blick
des Beschauers vorzutäuschen, wurden einfache Mittel benutzt. Der Fußboden
hat eine starke Neigung zur Horizontalebene des wirklichen Bodens; der Neigungs-
winkel beträgt etwa 45°. Ebenso, nur noch in auffälligerer Weise, ist der Tisch
geneigt, dessen Neigungswinkel etwa 50° beträgt. Dadurch ist die Möglichkeit
einer körperhaft räumlichen Darstellung geschaffen, so daß die einzelnen Gestalten
rundplastisch herausgearbeitet werden konnten. Nicht die Technik und Formen-
sprache des Reliefs sind daher für den künstlerischen Ausdruck maßgebend, son-
dern die rundplastische Gestaltung.

Schon die äußere Form der Gruppe zeigt, daß sie für einen Altar bestimmt
war. Die Gruppe erhält nur Halt und Geschlossenheit, wenn man sie sich um-
rahmt vorstellt, wenn man gleichsam Seitenwand, Rückwand und Decke des
Raumes, in dem die Menschen sitzen, sieht. Die Auffassung, durch den nischen-
förmigen, vorne geöffneten Kasten einen wirklichen Raum zu schaffen, der zu-
sammenwirkt mit dem durch künstlerische Mittel geschaffenen Raum für die rund-
plastisch herausgearbeiteten Körper und Gegenstände, hat ihren Ursprung nicht
in der deutschen, vielmehr in der nordfranzösisch-belgisch-niederländischen
Altarbildnerei. Außer der Form weist auf dieses Ursprungsgebiet das am Nieder-

1 Jahresbericht des Kunstgewerbemuseums der Stadt Köln 1912, S. 16.
 
Annotationen