Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

DOI Artikel:
Creutz, Max: Mittelalterliche Zeugdrucke
DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0137

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 7.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

121

Kölner Kunstgewerbemuseum3 erworben. Auf Leinen gedruckt zeigt es eine
Darstellung Apollos und Daphnes in einer Landschaft. Stil und Zeichnung der
Gestalten gehört durchaus der Schule Raphaels an; so ist die Daphne der Psyche
in der Villa Farnesina nachgebildet. Von besonderem Interesse ist die durch-
gehends senkrechte Linienführung des Holzmodels, die offenbar die Kettfäden der
Wirktechnik andeutet und so die Nacharbeit erleichtern soll. Die Arbeit war
später offenbar als Ersatz für Teppiche als Wandtapete verwendet worden; als
solche fand sie sich unter späteren übergeklebten Tapeten in einem Hause von
Aerschot bei Brüssel. Da Raffaels Tapeten in Brüssel gewirkt wurden, ist hier ein
Zusammenhang mit seiner Schule naheliegend. Neben diesen bildlichen Zeug-
drucken sind die ornamentalen Futterstoffe besonders des Mittelalters häufiger und
allgemein bekannt. Besonders für die kommende Zeit einer größeren Anspruchs-
losigkeit wird man vielleicht auf sie zurückkommen.

Auf Anregung des Herrn DomkapitularsSchnütgen wurden derartige Zeugdrucke
besonders als Futterstoffe nach Anregung alter Vorbilder durch den Seidenweber
Gotzes in Cref eld hergestellt und so diese Technik neubelebt und gefördert. M. C r e u t z.

BLICHERSCHAU.

Dr. Hermann Hieber: Die Miniaturen des
frühen Mittelalters. R. Piper & Co. Verlag,
München 1912. Preis geb. M. 6.—.
Seit Strzygowski hat die Beurteilung der
mittelalterlichen Kunst eine durchgreifende
Wandlung erfahren. Nicht auf abend-
ländisch-römischer, sondern auf orientalischer
Grundlage baue sich die Kunst des frühen
Mittelalters auf. Auch auf die byzantinische
Kunst, die aus Kleinasien und Syrien, aus
Mesopotamien und Ägypten ihre Wurzeln ge-
nährt hat.

Der Anteil der östlichen Provinzen an der
Entwicklung der Handschriftenmalerei ist
nicht zu verkennen. Die aus den ägyptischen
Papyrusrollen entnommene Streifenkompo-
sition, ohne Andeutung der örtlichkeit in
fortlaufendem Nebeneinander der Erschei-
nungen, zeigt ihre Lebenskraft noch in der
Josuarolle im Vatikan, in dem Kosmas
Indikopleustes, ja selbst in der in Syrien ent-
standenen Wiener Genesis. Der Schritt von
der Rolle zum Buch war auch künstlerisch
bedeutsam durch die neue Flächeneinheit der
Seite.

Mit dem an sich beweglichen Pergament-
buch kam eine neue Buchkunst nach dem
Westen. In der Wiener Genesis und dem
Purpurkodex von Rossano zeigt sich der

syrische Stil in reifer Ausbildung: kleine
Figürchen mit großen Köpfen, die Freude
an prunkvollem Goldschmuck, die beweg-
lichen Gebärden und Gesten. Die örtlich-
keit ist überall angegeben. Die Loslösung
von der hellenistischen Auffassung der orien-
talischen Provinzen des byzantinischen Rei-
ches erreicht ihre Steigerung in den meso-
potamischen und armenischen Werken, im
Rabulas-Evangehar und in dem Evangelien-
buch von Etschmiadsin am Arrarat. Dem-
gegenüber hat Konstantinopel selbst nichts
Wesentliches hervorgebracht. Vor allem nicht
hinsichtlich einer lebendigen, in dem Volks-
bewußtsein wurzelnden Kunst. Denn die
volkstümliche Kunst findet ihre Träger allein
in den Mönchen auf dem Berge Athos, wo
sich nach dem Fall von Palästina, Syrien und
Mesopotamien die Mönche sammelten. Da-
gegen zeigte die byzantinische Hofkunst ein
Archaisieren mit griechischen Formen, am
schönsten in dem Pariser Psalter. Um die
germanische Urkunst den übernommenen
alternden Formen anzupassen, dazu bedurfte
es zäher Arbeit. Erst die Gotik brachte die
endgültige Befreiung von der Frucht des
Orients.

Am selbständigsten erscheinen im V. Jahrh.
die Iren. Im Kloster St. Gallen und in Bobbio

Vgl. Jahresbericht XXII. Abbild. XIV.
 
Annotationen