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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Creutz, Max: Ein rheinisches Antependium
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0123

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ACAQ. LCSEH.
■^8.W0\I.19J4

Nr. 7. ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

107

EIN RHEINISCHES ANTEPENDIUM.

Mit 1 Tafel.

Im Museum zu Brüssel befindet sich seit 1896 ein Prachtstück kirchlicher
Kunststickerei, ein Antependium aus dunkler byzantinischer Purpurseide mit
Gold- und Silberfäden bestickt, das offenbar in der Tradition der prunkvollen
großen orientalischen Seidenstoffe aus rheinischen Reliquienschreinen eine ähn-
liche Wirkung in heimischer Technik anstrebt. Der Behang stammt aus dem
Kloster Rupertsberg bei Bingen, gehört dem Anfang des XIII. Jahrh. an und ist
daher für die Glanzzeit rheinischer Kunst von besonderer Bedeutung. Die Gold-
stickerei auf Purpur war am Rhein schon um die Mitte des X11. Jahrh. in Gebrauch';
sie erinnert in der Wirkung an die Grubenschmelzplatten rheinischer Reliquien-
schreine, und es ist auch in stilistischer Beziehung ein starker Zusammenhang mit
Arbeiten der Goldschmiedekunst vorhanden. Im Mittelfeld ist der thronende
Christus mit erhobener Rechten auf reichgeschmücktem Thron, das Buch in der
Linken, dargestellt. Im Streifen der Glorie steht die Inschrift:

QV /• ME- DILIG IT IS-MEA-S IT -BENEDICT 10- VOBIS -REX -EGO -SVM-
REG VM -ST AT VENS • MODERAM INA ■ RER VM.

In den Zwickeln daneben tauchen die Evangelistensymbole auf. Zur Rechten
des Heilandes stehen Maria und St. Petrus, zur Linken der hl. Rupert und die
hl. Hildegard; neben diesen durch einen ornamentalen Streifen getrennt in den
Feldern des Randes Johannes der Täufer neben der kleinen Gestalt der Maria
Magdalena und eines knieenden Stifters, im rechten Felde der hl. Martin. Unter
diesen Gestalten sind die Stifterfiguren dargestellt. Zur Rechten des Heilandes
liegt mit betend erhobenen Händen nach der Beischrift Erzbischof Sigfnd von
Mainz, zur Linken die Herzogin Agnes, um 1210 die Gemahlin des Herzogs
Ferri II. von Lothringen. Auf dem unteren Randstreifen sind zehn Halbfiguren
von Klosterfrauen mit betend erhobenen Händen dargestellt neben den Gestalten
eines Conradus, Godefridus und einer Adelheidis. Schneider- hat diese nach-
gewiesen als Stifterfiguren und Zugehörige des Klosters. Unter dem dargestellten
Erzbischof Sigfridus wird von zwei in Betracht kommenden Sigfrid II. (j 1230)
gemeint sein, da die Zeit Sigfrids III. (1230 bis 1245) für den strengen Charakter
der Gestalten zu spät ist. Die Ornamentik des oberen Randes, ein Hakenkreuz und
ein aus den Haken des Kreuzes gebildeter Fries, eine Wellenranke mit Dreiblatt
und kleine arabische Ornamentmotive, entspricht dem Charakter der Zeit kurz
nach 1200. Von monumentaler Größe ist die Gestaltung der Figuren; besonders
die Gestalt des Heilandes entspricht den vollendetsten zeitgemäßen Darstellungen.
Sie erinnert vor allem an den thronenden Christus auf einer ovalen Emailtafel des
Aachener Domes aus der Maasschule des Godefroid de Ciaire, die aus zeich-
nerischen Darstellungen, etwa den Gravierungen auf dem Aachener Kronleuchter3,
herauswächst. Zeitlich nahe steht das Antependium den Gravierungen auf der
Rückseite des Mettlacher Kreuzreliquiars der Schule von Verdun um 1220. Die

1 H. Koch, Seidengewerbe in Köln. Leipzig 1907. S. 12.

2 Friedrich Schneider, Ein Kunstwerk der alten Mainzer Kirche vertrödelt, in
Kurmainzer Kunst. I. S. 80.

3 Vgl. F. Bock, Der Kronleuchter im Aachener Münster. Taf. 8.
 
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