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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Haendcke, Berthold: Der italienische Einfluss in der deutschen Malerei: von etwa 1340 bis etwa 1440
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0111

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 6.

und weit aufgebaut. Über die avignonesische Miniaturmalerei und deren Umfang
habe ich mich bereits a. a. 0. genügend geäußert, werde aber noch kurz darauf
zurückkommen.

Die zweite Hauptquelle des italienischen Einflusses wird im Handel gesucht.
Auch hier steht Siena in erster Reihe. Siena war für Frankreich (und Deutsch-
land, besonders den Rhein), während des späteren XIII. und während des ersten
Drittels des XIV. Jahrh. der große Geldgeber. Dann wich diese Stadt mehr und
mehr zurück. Die Pest (1348) hat gerade Siena furchtbar heimgesucht. Die Kämpfe
mit Florenz taten das übrige. Siena wurde als Handelsstadt unbedeutend. Der
schwarze Tod warf überdies ganz Mittehtahen stark darnieder. Rom war dadurch
so wüst und leer geworden, daß es etwa 1378 nur noch ein Städtchen von rund
20 000 Einwohnern gewesen sein soll, in dem die Schafherden angeblich bis an
den Altar des St. Peter weideten. Die politischen Beziehungen des päpstlichen
Hofes zu Italien waren bekanntlich derartig, daß der Papst, ein französischer
Baron, recht wenig Freude daran haben konnte. Rom emanzipierte sich so gut wie
vollständig und Florenz konnte seinem Wunsch, dem Papst aufzusagen, 1370 nach-
kommen. Die Handelsbeziehungen mit Italien müssen also gerade um die Zeit
von etwa 1350—1370 einigermaßen darniedergelegen haben. Umsomehr dürfen
wir dies annehmen, als in Oberitalien, in Reggio, Modena, Cremona, Mailand
ständig Unruhen herrschten, zum Teil durch die Erlasse der Päpste erregt, die
gegen die Macht der Kaiser in Italien (Reichslehen) gerichtet waren. Auch hier
werden die Pest und deren Folgen gehemmt haben. Dazu kam, daß damals weder
Siena noch Florenz einen brauchbaren Hafen besaßen. Der Zufluß an Kunst-
werken und Künstlern wird demnach an und für sich gerade für die uns bedeut-
samsten Jahrzehnte einigermaßen abgestellt gewesen sein. Es fragt sich aber über-
haupt, ob viele Kunstwerke damals aus Italien nach dem Norden gekommen sind.
Konnte die Nachfrage groß sein? Man trifft bekanntlich heute noch in Italien
eine erhebliche Anzahl französischer Miniaturen und Elfenbein- wie Holzarbeiten.
Teppiche an; sogar seidene Wirkereien konnte sich Frankreich, wie Falke kürzlich
nachgewiesen hat, selbst beschaffen. Im Norden findet man aber anderseits aus
dieser Zeit etwa 1300—1400 recht wenige italienische Kunstwerke. Es werden
nun in anderen Ländern immer nur diejenigen Waren in größeren Massen ab-
zusetzen sein, welche diesen fehlen. In zwei Techniken waren allerdings die
Italiener damals überlegen, in dem Mosaik und in der Hinterglasmalerei. Also
sind jene Ouvraige de Lombardie oder die Ymages de Rome vielleicht derartige
Arbeiten gewesen?, denn für die letztgenannte Technik steht bekanntlich die
Abhängigkeit des Nordens fest.

Der dritte Zufluß heißt Karl IV. Es wird mit Recht betont, daß dieser Fürst
in Burgund erzogen ist und daß er durch Stellung wie durch ausgeprägte Frömmig-
keit, Liebe zu Reliquien mancherlei Veranlassung hatte, sich mit Avignon in Ver-
bindung zu setzen. Es ist auch bekannt, daß er 1365 hier gewesen ist. Karl IV.
hat sich sogar von Avignon einen Baumeister geholt, wählte sich also scheinbar
seine Leute selbst aus oder ließ sich über die künstlerischen Zustände in Avignon
Bericht erstatten. Dann wird aber dieser Fürst, jedenfalls in späteren Jahren,
keine sienesischen Künstler bzw. deren Nachfolger begünstigt haben oder er müßte
eine geradezu ideale Objektivität in der Beurteilung sachlicher Angelegenheiten
besessen haben. Denn die Stadt Siena hat ihn, den deutschen Kaiser, bekanntlich
 
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