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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Schneider, Franz: Dorfkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0153

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Nr. 8/9.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

137

kleinen Abmessungen (Breite des Mittelschiffes etwa 4,5 m) die halbkreisförmige
Apsis allein gewährte. Dieser eingeschobene Rechteckraum ist eine Ubergangs-
form zu dem schon kurz nachher entwickelten, fast allen späteren romanischen
Kirchen eigenen quadratischen Langchor, welcher aus dem größeren Raumbedürf-
nis entstand. In dem Grundriß der Kirche zu Drolshagen in Westfalen (Abb. 7),
welche etwa 50—80 Jahre jünger sein dürfte als die Kirche zu Schlieprüthen, ist
der Langchor im Verhältnis zu den Jochen des Mittelschiffes sehr geräumig ge-
staltet und auch im Äußern (Abb. 6) als etwas niedrigerer Teil klar zum Ausdruck
gekommen. Wenn diese Kirche außer der ursprünglichen flachen Balkendecke, die
später durch Kreuzgewölbe ersetzt wurde auch im Grundplan und Aufbau sich
an die Form der Basilika anlehnt, so sind diese antiken Einflüsse doch schon innig
mit dem nordischen Kirchenbaugedanken verschmolzen, und verleihen namentlich
die hohen Dächer dem Äußern des Baues das spezifisch deutsche Gepräge. Wie
gut die deutschen Baumeister dieser Zeit die italienischen Grundformen mit ihren
eigenen Baugedanken zu vereinigen verstanden, beweist ebenfalls die Kirche zu
Schlieprüthen, welche sich aus dem basilikalen Grundriß als Hallenkirche
entwickelt hat, in diesem Falle offenbar deshalb, weil die geringen Abmessungen
des Kirchleins durch die basihkale Höhenteilung zu kleinlich geworden wären
(Abb. 5). Die so erzielte sehr einfache äußere Form mit dem massigen ebenso ein-
fachen Turm wirken im Dorfbild ganz vorzüglich und wird die sehr schöne Wirkung
des Gesamtbildes noch erhöht durch die prächtigen alten Lindenbäume, welche
im Sommer ihre mächtigen Kronen über den westlichen Teil des Kirchleins aus-
breiten. Einen ebenso schönen Anblick wie die Kirche zu Schlieprüthen gewährt die
zu Morsbach bei Künzelsau (Abb. 10). Auch diese übt wie jene grade durch ihren
verhältnismäßig massigen Turm mit einfachem Pyramidendach, sowie durch die
größte Einfachheit der Gesamterscheinung einen eigenartigen Reiz auf den Be-
schauer aus, der in Morsbach durch die Spiegelung des Dorfbildes und der
Brückenbogen in der Jagst sowie durch den gut erhaltenen helleuchtenden Putz am
Kirchlein noch
wesentlich erhöht
wird.

Ein neues Mo-
ment in der ro-
manischen Kir-
chenbaukunst des
niedersächsichen
Gebietes ist die
ausgesprochene
Querschiffanlage,
welche die Kir-
che zu Berghau-
sen vor den mei-
sten saarländi-
schen Kirchen
dieserEpocheaus-
zeichnet (Abb. 8),
eine Grundform, Abb. 11. Wormbach, Kr. Meschede i. Westf.
 
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