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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Schneider, Franz: Dorfkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0161

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Nr. 8 9.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

143

Abb. 18.

Oberkirchen i. Westf.

diesen Ort umgebenden Wald ein wesentlicher Anteil an der wundervollen Wir-
kung des Gesamtbildes zu, dessen feierliche und andächtige Ruhe durch eine
zierliche, reiche Architektur der Kirche nur beeinträchtigt würde, während eine
rein architektonische und mehr monumentale Umgebung des Stadtbildes natür-
lich auch dazu führen muß, die Kirche mit diesem Gesamtbild in Zusammen-
hang zu bringen. Dies ist in meisterhafter Weise den Erbauern der St.-Ludwigs-
Kirche zu Ansbach in Mittelfranken und der Stadtkirche zu Karlsruhe (Abb. 25
u. 26) gelungen. Beide Werke stammen aus dem Anfang des XIX. Jahrh. und sind
in der dieser Zeit eigenen antikisierenden Formensprache erbaut unter Anlehnung
der Hauptfronten an die antike griechische Tempelfassade. Wenn auch namentlich
die Stadtkirche zu Karlsruhe zu den besten Leistungen des Klassizismus gehört
und das Schema der griechischen Tempelfassade meisterhaft in die im übrigen
durchaus deutsch anmutenden Bauten am Karlsruher Marktplatz (welche übrigens
von demselben Meister erbaut wurden) eingefügt ist, so mußte doch das Bestreben
jener Zeit, die stellenweise sehr schwulstig gewordenen Auswüchse des Barock-
stils durch eine Wiedererweckung der klassischen Kunst zu bekämpfen und zu
verdrängen, bald die Überzeugung hervorrufen, daß die antikisierende Kunst in
Deutschland nicht bodenständig ist. Die Baukunst war von jeher ein wahres
Spiegelbild von dem Kultur- und Geistesleben des Volkes, welche sie hervor-
brachte und da sowohl der Kultus wie die Lebens- und Klimaverhältnisse in
Deutschland von dem der Griechen sich wesentlich unterschieden, so konnte auch
der Ausdruck derselben in den Bauwerken beider Länder nur sehr verschieden
sein. Es war deshalb erklärlich, daß die fremde Kunst, welche in Deutschland
keinen geeigneten Nährboden fand, nicht zur Blüte kommen konnte und bald
zugrunde ging und schon einige Jahrzehnte später zu einer gänzlichen Verödung


 
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