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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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Schneider, Franz: Dorfkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4362#0163

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Nr. 8 9.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

145

Abb. 20. Hilgerkapelle bei Berchtesgaden. Mit Genehmigung der Kunstanstalt von Wilh. Hoffmann in Dresden.

frühen Ursprungs, weisen schon in der ersten Anlage hin auf die große Sicherheit,
mit der die Ansiedler zugleich den praktischen wie schönheitlichen Anforderungen
hinsichtlich der Lage der Gehöfte, insbesondere ihrer Wohnstätten, gerecht zu
werden verstanden. Wenn nun schon diese profanen, dem alltäglichen Leben
dienenden Bauten mit soviel gesundem Sinn angelegt und vor allem mit größter
Konsequenz nach ihrer Bedeutung in den weiter auszubauenden Dörfern plaziert
wurden, mit wieviel größerer Sorgfalt und Hingabe mußten dann die von Glaubens-
eifer und Gottesliebe durchglühten Alten an die Aufgabe herantreten, ihrem
Schöpfer ein Haus zu bauen, in welchem sie ihre leiblichen und geistigen An-
liegen zu den Stufen des Altares tragen konnten.

So hat denn auch die Kirche immer den bevorzugtesten Platz im Dorfe be-
kommen : entweder auf einer den ganzen Ort und das Tal beherrschenden Anhöhe,
von welcher sie gleichsam auf die unten stehenden Häuser wie auf die zu ihren
Füßen knieenden Kinder vermittelnd und beschützend niederschaut (Abb. lOu. 16)
oder sie bildet unten im Ort an der Kurve der Dorfstraße den Abschluß derselben
nach zwei Seiten, wo die traulichen Häuschen sich um sie scharen, wie die Küch-
lein um ihre Henne (Abb. 18 u. 24), oder endlich hat man sie neben der üblichen
Einfriedigungsmauer mit einem Kranz von inzwischen mächtig emporgewachsenen
Lindenbäumen umgeben, in welche das Kirchlein wie eingebettet und vor Un-
wetter sorgsam behütet erscheint. Dieser Lindenhain erweckt schon beim Ein-
treten in die Kirchhofspforte eine andächtige Stimmung und bereitet den stillen
Beter auf die Anwesenheit Gottes im Tabernakel vor (Abb. 11). Es gibt nament-
lich im südlichen und westlichen Deutschland dieser entzückenden Dorfbilder un-
zählig viele, so daß man allen denen, welche für solche Poesie empfänglich sind,
zurufen möchte: Kommet und sehet!
 
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