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Zeitschrift für christliche Kunst — 27.1914

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154

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 8/9.

Der jetzige Stiftsbau Maria-
Ei n s i e d e 1 n. Geschichtliches und
Ästhetisches. Von Dr. P. Albert
Kuhn, O. S. B. Zweite, umgearbeitete
und neuillustrierte Auflage. Mit 50 Ab-
bildungen im Text und 4 Einschaltbildern.
(126 S.) Einsiedeln 1913. Benziger & Co.
Seit dem ersten Erscheinen des Buches
sind drei Jahrzehnte verflossen. Inzwischen
hat die frühere Geringschätzung der nach-
mittelalterlichen Kunst einer besseren Ein-
sicht weichen müssen, und auch der Verf.
der „Allgemeinen Kunstgeschichte" hat seine
früheren Anschauungen in dieser Hinsicht
einer durchgreifenden Revision unterzogen,
die der Neuauflage des „Stiftsbaues" sehr
zustatten gekommen ist. Die Restauration
der Stiftskirche im J. 1910 ermöglichte eine
Reihe photographischer Aufnahmen vom
Gerüste aus, die dem illustrativen Teil eine
schätzbare Bereicherung brachten. Die Dar-
stellung ist ungemein anschaulich und fesselnd,
populär, aber nirgendwo oberflächlich; sie
bietet nicht bloß dem Kunstfreund, sondern
auch dem Kultur- und Wirtschaftshistoriker
des Interessanten ungemein viel. Den zahl-
reichen Besuchern Einsiedeins wird das
schöne Buch als eine liebe Erinnerung an
eines der berühmtesten Marienheiligtümer
sicher willkommen sein. Lauscher.

Max Sauerland t, Ein frühmittelalterliches
Bronzebecken. Sonderdruck aus dem Hal-
lischen Kalender 1914.
Die große Anzahl der mittelalterlichen
Metallbecken, die in dieser Zeitschrift ver-
schiedentlich behandelt wurden, ist durch
einen Hallenser Fund eines besonders her-
vorragenden frühen Stückes vermehrt, das
seiner Bedeutung entsprechend von Sauerlandt
in eingehender Weise untersucht wurde. Die
Halbfigur eines geharnischten Mannes im Fond
der Schüssel trägt die Beischrift 077 0, und
damit ergibt sich ein enger Zusammenhang
mit einem Becken im Dommuseum zu Riga,
das ein gleiches Ottomedaillon in fünffacher
Wiederkehr trägt. Die Ornamentierung beider
Schüsseln ist verwandt, doch nicht überein-
stimmend. Rankenborten wechseln mit an-
tiken Faltbändern. Im Medaillon beider
Schüssel steht die Inschrift: HIEfRVSA
LEMVJ 1SI0PAC1S. BeideSchüsseln stim-
men daneben auch in den Hauptmaßen über-
ein, so daß sie unbedingt der gleichen Zeit

und Werkstatt angehören müssen. Über diese
gehen die einzelnen Äußerungen sehr aus-
einander. Das Rigaer Becken ist von J. Döring
in das X.; von A. von Sallet in die 2. Hälfte
des XI. Jahrh.; von Menadier in die 2. Hälfte
des XII. Jahrh. oder spätestens in dessen 30
oder 40 jähre gesetzt, durch H. von Brüningk
dagegen mit aller Entschiedenheit für die Zeit
Otto des Großen in Anspruch genommen
worden. Von diesen Bestimmungen scheiden
die des XII. und selbst die der 2. Hälfte des
XI. Jahrh. aus, denn die ornamentale Durch-
bildung des Rankenwerkes ist in dieser Zeit
nicht denkbar. Sauerlandt neigt der Mög-
lichkeit der Entstehung in ottonischer Zeit zu,
kommt nach dem Fundort in der Nähe einer
der ältesten Kirche der Stadt auf Otto I. und
nimmt ohne zwingenden Grund Magdeburg
als Ursprungsort an. Alle künstlerischen Vor-
bedingungen, die dort fehlen, sind am Rhein
vorhanden. Die Rankenornamentik der Rigaer
Schüssel kehrt genau auf dem ältesten Essener
Kreuz (973—982), die Palmetten auf dem
dem Gothaer Buchdeckel (982—991) wieder.
So kämen wir auf die Regierungszeit Ottos IL,
der nach alter Tradition 973 Halle zur Stadt
erhoben hat. Vielleicht deutet auf diesen Vor-
gang symbolisch die Inschrift hin: Jerusalem,
Bild des Friedens. M. Creutz.

Raffaels Schule von Athen als
Farbenreproduktion, hier am Schlüsse des
XXVI. Jahrg. bereits angekündigt, ist
inzwischen im Verlag von „Glaube und
Kunst" zu München erschienen, Bildgröße
60 X 90, zum Preise von M. 20.— mit den
beigelegten Erläuterungen von P. Berthier
in Rom. (In der „Sammlung religiöser
Meisterbilder" Heft 16, Preis 1 M„ als
kleines Format erschienen.)
Da dieses figurenreiche Gemälde die Enzy-
klopädie des menschlichen Wissens darstellt
auf Grund der Informationen, die Raffael
von den bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit
und Umgebung eingeholt hatte, so ist es eine
Fundgrube von tiefsinnigen wissenschaft-
lichen Zusammenhängen, in die immer mehr
einzudringen manchen Gelehrten ein Bedürf-
nis sein mag, namentlich solchen, die das
Original im Vatikan betrachtet und studiert
haben. Die große farbige Wiedergabe, die
bereits im vorigen Jahrgange S. 384 be-
sprochen wurde, entspricht vollkommen den
Erwartungen, die an sie geknüpft werden
durften. Sdinütgen.
 
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