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Zeitschrift für christliche Kunst — 30.1917

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Kleinschmidt, Beda: Zwei romanische Kruzifixe in S. Chiara zu Assisi
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Worms, Peter J.; Schnütgen, Alexander: Die Herstellung alter bemalter Figuren durch Abschaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.4334#0038

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28

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 2/3

So zeigen die beiden Kruzifixe in der alten Klarissenkirche zu Assisi den
vollständigen Umschwung, welcher in der Darstellung des Gekreuzigten im
XIII. Jahrh. in der italienischen Kunst eingetreten ist. Daß dieser Umschwung,
teilweise wenigstens, dem hl. Franziskus zugeschrieben wird, daran sei zum
Schluß nur noch mit einem Worte erinnert, ob mit Recht, möge einer späteren
Untersuchung vorbehalten bleiben. Jedenfalls hat Franziskus den Gekreuzigten
geliebt wie kaum je ein Sterblicher und mit beredten Worten dem Volke des
gekreuzigten Gottessohnes Liebe geschildert, dafür hat ihn aber auch der Ge-
kreuzigte in einzigartiger Weise durch die Stigmatisation auf Alvernas Höhen
1224 ausgezeichnet, was moderne Kritik vergeblich zu leugnen versucht hat22.
Düsseldorf. Beda Kleinschmidt 0. F. M.

DIE HERSTELLUNG ALTER BEMALTER
FIGUREN DURCH ABSCHABEN.

Vor noch nicht sehr langer Zeit sah man in antiken plastischen Darstel-
lungen hauptsächlich und fast nur die Skulpturen; die Polychromie der-
selben wurde wenig, oder gar nicht geachtet. Die Folge davon war, daß
der Kunsthändler, sobald die Bemalung schadhaft geworden war, die Skulptur
einfach ablaugte und die so von Farbe und Untergrund befreite Holzfigur bzw.
Gruppe in den Handel brachte. Besonders verlockend war das Ablaugen, wenn
die Figuren in einer edlen Holzart, Eiche oder Nußbaum, geschnitzt waren.
Dann wurde meist ohne jede Rücksicht gelaugt, nachher gebohnt. Nur in ver-
hältnismäßig wenigen Fällen, wenn die Polychromie ganz tadellos erhalten war,
achtete man ihre Schönheit. Erst später, leider sehr spät, bekehrte man sich
allmählich zu der Ansicht, daß Skulptur und Bemalung unbedingt zusammen-
gehörten, ein künstlerisches Ganzes bildeten. — In späteren Kunstauktionen
zeigten dann auch die überaus hohen Preise für gut in Fassung erhaltene Pla-
stiken, daß das Verständnis dafür sich Bahn gebrochen hatte, der Polychromeur
manchmal sogar über den Schnitzer gestellt wurde.

Durch das Ablaugen der in Bemalung schadhaften Figuren ist viel gesündigt,
man könnte sagen, gefrevelt worden. — Da kam Herr Domkapitular Prof. Dr.
Schnütgen auf die Idee, durch Schaben zu versuchen, unter späteren Anstrichen
und Ubermalungen die Originalfarben wieder freizulegen. — Aber so einfach,
wie man auf den ersten Blick vermuten sollte, war die Sache nun doch nicht.
Eine noch so kleine Figur bildet mit ihren Erhöhungen und Vertiefungen durch
die Bewegung des Gewandes eine größere komplizierte Fläche, und stellt große
Anforderungen an die Geduld, zumal ätzende Mittel, wie Soda und Säuren,
nicht angewandt werden dürfen, ohne die ursprüngliche Bemalung zu gefährden.
— An und für sich ist die Technik des Schabens sehr einfach, aber sie erfordert
viel Sachkenntnis und Sorgfalt. Ganz besondere Aufmerksamkeit ist bei Vergol-
dungen geboten, weil poliertes Gold sehr empfindlich ist und sich zumeist mit

22 Vgl. über diese Frage jetzt P. B i h 1 , 0. F. M., in Archivum Franciscanum Historicum
III (Quaracchi 1910) 393—442.
 
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