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Zeitschrift für christliche Kunst — 30.1917

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Worms, Peter J.; Schnütgen, Alexander: Die Herstellung alter bemalter Figuren durch Abschaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.4334#0040

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 2/3

Zu diesem kleinen Aufsatze, durch den der Verfasser mich überraschte,
mögen folgende Bemerkungen gestattet sein:

Als ich vor nahezu einem halben Jahrhundert in Köln, als der damaligen
Zentralstätte privater Altertümersammlungen, auch eine solche anzulegen be-
gann, waren alte Eichenmöbel, die zahlreich vom Lande, namentlich vom Nieder-
rhein und aus Westfalen eingeholt wurden, besonders behebt, erst in zweiter
Linie gotische Figuren, von denen die in Eichenholz ausgeführten schon damals
bevorzugt wurden. Für die einen wie für die anderen kam es auf die glänzende
Holzwirkung besonders an, weswegen zuerst durch ätzende Säuren der etwaige
Farbenauftrag entfernt wurde, der bei jenen eine große Ausnahme, bei diesen
die Regel bildete. Da dieses Verfahren, namentlich die Anwendung scharfer
Seifensiederlauge, als schwierig und bedenklich galt, wegen der Gefahr der Ver-
brennung und der Rissebildung, so wurden die bezüglichen Meister sehr ge-
schätzt, die aus den Kreisen der kleinen Bildhauer und Maler, aber auch von
allerlei Praktikanten hervorgegangen, zumeist recht zugeknöpft sich gebärdenten,
als Besitzer von „Geheimmitteln". Ihre Auftraggeber waren vornehmlich die
besseren Sammler, namentlich die aus den Künstlerkreisen der Bildhauer und
Architekten hervorgegangenen, die zugleich als deren Inspiratoren galten. Diese
hatten die Parole ausgegeben, daß die Wirkung des Materials, also namentlich
des Holzes, von entscheidender Wichtigkeit sei; mithin auf die Sichtbarkeit des
glatten Holzschnittes als der unmittelbaren Leistung der Künstlerhand alles an-
komme, dazu auf die einheitliche braune Tönung, als das Ergebnis des Alters
bzw. des Beizens. — Unter dem Einflüsse, fast Drucke, dieser von den Mata-
doren aufgestellten und befolgten Grundsätze standen alle Sammler, mithin auch
die damals vorherrschenden kleinen Händler, von denen die meisten — der
größeren Einfachheit wegen — selber die Prozeduren, zuweilen Parforcekuren,
vornahmen, in der Regel unter dem Beistande eines verkannten Universalisten
in ihrem Geheimkabinett, welches ich gerne als ,,Pnvatklinik" bezeichnete. Hier
wurde „geputzt, gebeizt und blank gemacht", wodurch Hunderte von mittel-
alterlichen Figuren und Gruppen, die von ihren Urhebern auf die Bemalung be-
rechnet waren und gerade durch sie eine glänzende, harmonische Wirkung im
Inneren (sogar im Äußeren) der Kirchen ausüben sollten, in ihrem Wesen ver-
ändert, in ihrem Werte gemindert wurden.

Da mir damals schon, im Vertrauen auf die Einsicht der von mir bewunderten
mittelalterlichen Meister, die am besten wissen mußten, was sie durch ihre Schnitz-
werke erreichen wollten, die Unrichtigkeit jener Anschauungen und Maßnahmen
aufdämmerte, so versuchte ich, den sonst von mir verehrten sammelnden Alt-
meistern zu widersprechen. — So gering auch noch mein Besitz an alten Figuren,
erst recht an alten Möbeln war, für die in der ersten kleinen Kurie der Raum
fehlte, zur Zeit, als sie noch wohlfeil waren, ich verzichtete auf alles und jedes
Ablaugen grundsätzlich; also auch in der zweiten größeren Wohnung, die ich
1879 bezog, und in der gerade die Skulpturensammlung stark zu wachsen begann,
dank des Einblicks in deren durch die Preise nicht einmal angedeuteten Wich-
tigkeit. — In diesem bestärkte mich noch mein bereits seit 1890 in Gott ruhender
Freund, der Stadtpfarrer von Frankfurt, Münzenberger, der wiederholt mit mir
die Idee und den Text seines Altarwerkes besprach. Er hatte eine große Anzahl
mittelalterlicher Altäre, zumeist mit Flügeln, zusammengebracht, um sie restau-
 
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