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Zeitschrift für christliche Kunst — 30.1917

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Wurm, Alois: Die Kunstrichtungen der römischen Wandmalerei zu Beginn des VIII. Jahrh.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4334#0106

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92

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 6 7

davor an den Moses Michelangelos erinnert. In der Tat kann man etwas vom
Geist der Hochrenaissance davor verspüren. Es ist ein Kopf, in dem die Kraft
des Körpers, des Geistes und der Seele sich zu einem großen, geschlossenen
Wesensausdruck vereinigt hat. Nichts Kleinliches, Engindividuelles ist daran.
Aber es ist eine starke, auf den einfachen, groß geführten Wesensgrundlagen auf-
gebaute Individualität, die in dem Mittelpunkt ihres Ich alle Kräfte in ruhigem
Selbstbesitz zu einem Tun angesammelt hat, das nur bedeutend sein kann. Soviel
über die geistige Auffassung. — Künstlerisch überrascht in gleicher Weise der
außerordentliche Umfang des Könnens und die ungewöhnliche Sicherheit und
Freiheit der Technik. Die Zeichnung ist trefflich, die Modellierung kräftig und

(reich und mit den gering-
sten und zielsichersten Mit-
teln erreicht, ohne durch
irgend eine Härte den male-
rischen Eindruck zu ge-
fährden; sie ist reich an
Übergängen ohne jedes
Schema; man sieht, daß die
Natur dahinter steht. Die
Pinselführung ist von einer
auffallenden Leichtigkeit,
Freiheit und Sicherheit,
wie sie nur eine lange und
große Meisterschaft ver-
leiht. Doch arbeitet der
Künstler nicht in einer
impressionistischen Weise
mit breiteren Farbflecken,
sondern mit breiterem oder
schmalerem Pinsel in einer
großstrichigen Malart. In
der Farbe liebt er kühle
graublaue und grünliche
Töne, in die er leicht und
klug einige wärmere Akzente mischt. Auch die Farbe hat vor allem der Klärung
der Form zu dienen; dennoch leidet der malerische Eindruck nicht durch
übertriebene, glatte Plastizität. Es ist die Hand eines Meisters, in dem die
beste Kunst der alten antiken Malerei lebendig zu werden scheint, um eine ganz
persönliche Prägung zu erhalten. Ob er die Leitung eines Teils der Gesamt-
dekoration in Händen hatte, ist freilich nicht zu sagen.

Daneben sind anders geartete Medaillons, wie die der Apostel Paulus, Bar-
tholomäus und Johannes (T. 158 — Abb. 2). Fassen wir die ersten beiden ins
Auge, weil sie gleichfalls den Typus des bebarteten Mannes darstellen. Auch sie
sind einfach starke geschlossene und aktive Individualitäten. Aber die klare,

1 Die Abbildungen sind mit ausdrücklicher Erlaubnis der Verlagshandlung Herder (Frei-
burg i. Br.) nach den Tafeln des Wilpertschen Werkes hergestelh

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Abb. I1. H. Andreas. S. Maria Antiqua. Von Johannes VII. (705).
 
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