Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 30.1917

DOI Artikel:
Wurm, Alois: Die Kunstrichtungen der römischen Wandmalerei zu Beginn des VIII. Jahrh.
DOI Artikel:
Rahtgens, Hugo: Der ehemalige Reliquienaltar des hl. Adelph in Neuweiler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4334#0114

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
100

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 6/7

mentalbild zum Schmuck des sakralsten Kirchenteiles in ihren Bann ziehen darf
(Anbetung des Gekreuzigten). Aus demselben Drang heraus kommt die Freude
an der lauten, starken, prächtigen Farbe auf und berauscht eine Künstlergruppe
so, daß sie, allerdings durch das Mosaik gewissermaßen gerechtfertigt, auf Mo-
dellierung verzichtet und bei der Vernachlässigung einer allmählichen zeichne-
rischen Bewältigung der Natur, wie sie von anderen angebahnt wird (An-
betung des Gekreuzigten, Vierzig Märtyrer), einer bald einsetzenden Verwilderung
der Kunst die Wege ebnet. Das Hauptbild dieser farbenberauschten Kunst ist
die Huldigung der Magier. Eine weitere Gruppe schließt sich, offenbar aus
einem Zweig der tektomschen Flächenkunst kommend, dieser Gesamtbewegung
zum Teil an, indem sie das neue Leben in die farbige Linie trägt (Höllenfahrt
Christi), stellt sich aber jedenfalls als zeichnerische Richtung im Gegensatz zu
jeder malerischen und modellierenden. Dazwischen treten noch mancherlei
Mischrichtungen von größerer oder geringerer künstlerischer Bedeutung, aber
vielleicht von großer Volkstümlichkeit auf, wie wir dies für den Meister der
h. Anna mit dem Marienkind vermuten. Es ist also ein außerordentlich reiches,
vielgestaltiges und bewegtes Kunstleben, das Rom unter Leitung eines kunst-
sinnigen Papstes zu Beginn des VIII. Jahrh. zeigt. Es läßt sich an Regsamkeit,
wenn auch nicht an Qualität mit der florentinischen Frührenaissance vergleichen.
Daß sich aus unserer sachlichen Darstellung der Kunstrichtungen, die zu einem
bestimmten Zeitpunkt in Rom bestanden, auch Folgerungen für die große Frage
„Orient oder Rom" ergeben, ist nicht schwer einzusehen. Sie zu ziehen ist hier
nicht unsere Aufgabe.

München. Alois Wurm.

DER EHEMALIGE RELIQUIENALTAR
DES HL. ADELPH IN NEUWEILER.

(Mit 5 Abbildungen.)

7V m westlichen Ende des südlichen Seitenschiffs der zu den bekanntesten
/ \ Bauwerken des Elsaß gehörenden Peter-Paulskirche in Neuweiler ist
JL. jLein auf acht Säulen ruhender Baldachin der edelsten Gotik eingebaut,
der in einem kapellenartigen Gehäuse einen hölzernen Schrein, den Reliquien-
schrein des hl. Adelphus, des Patrons der ehemaligen Stiftskirche S. Adelphi
in Neuweiler, trägt (Abb. 1). über den Arkadenbögen, die die Säulen ver-
binden, erheben sich schlanke, von einem Sechspaß durchbrochene Wimperge,
deren Zwickel mit köstlich frisch und in kräftigem Relief herausgearbeiteten
Drolerien gefüllt sind. Gleiche stilistische Feinheit zeigen die aus naturalistisch
modellierten dreilappigen Blättern gebildeten Krabben auf den Gesimsen der
Wimperge sowie das Blattwerk der Säulenkapitäle1. Das auf der flachen Stein-
decke des Baldachins ruhende Gehäuse ist an den Langseiten von einer sieben-
bogigen, mit Maßwerkfensterchen gefüllten Arkade geöffnet, hinter der der
hölzerne Reliquienschrein sichtbar ist. Dieser ist als schlichter, nur mit einem
Rundbogenfries am Rande geschmückter rechteckiger Kasten gebildet; der Deckel

Nur die Kapitale der vier vorderen Säulen sind noch ursprünglich; s. unten.
 
Annotationen