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Zeitschrift für christliche Kunst — 30.1917

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Nüttgens, Heinrich: Erfahrungen auf dem Gebiete der neuzeitlichen religiösen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4334#0148

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 10

seinen starken Kontrasten von Hell und Dunkel, in seiner ganzen Färbung,
selbst in seiner Linienführung aufdringlich erscheinen, weil es seine Heimat
verloren hat.

In diesem Zusammenhange sei zugleich darauf hingewiesen, daß auch heute
noch christliche Künstler mit ihren Bildern auf Ausstellungen schlechte Erfah-
rungen machen können. So, wenn ein solcher bei einer Malerei in romanischer
Formensprache dünne weiche Stoffe seinem Modell anlegt zur Gewinnung eines
breiteren Faltenwurfs, oder wenn er es mit schweren brüchigen Stoffen bekleidet
zur Erreichung einer schweren Drapierung, wie sie durch den spätgotischen
Stil verlangt wird. — Auch die Wahl eines ausgespannten Teppichs anstatt einer
Landschaft für den Hintergrund läuft Gefahr, als unkünstlerisch beanstandet zu
werden, ohne hinreichenden Grund. —- Selbst die Ausmalung ganzer Kirchen,
also mit Einschluß der unentbehrlichen dekorativen Partien, bringt leicht in den
Verdacht, als des Künstlers unwürdig bezeichnet zu werden, auf Grund eines
noch immer bestehenden Vorurteils. — Als solches muß auch die Beanstandung
der Glasmalerei gelten, die gern als eine minderwertige Sache betrachtet wird;
freilich von solchen, denen der Weg vom akademischen Staffeleibilde bis zum
farbigen Fenster zu weit und zu beschwerlich ist. Was von diesen Schöpfungen
abschreckt, ist in Wirklichkeit die Unkenntnis der Technik, die Schwierigkeit,
diese sich anzueignen als ein ganz besonderes Verfahren. — Nach meinen Er-
fahrungen wäre es von wesentlichem Nutzen, wenn die jungen christlichen
Künstler zuerst einige Zeit in ein Schülerverhältnis träten zu einem tüchtigen
christlichen Kunstmaler, um von ihm die Dekoration und Glasmalerei zu er-
lernen, und erst mit diesem Rüstzeug versehen, die Kunstakademie zu beziehen,
auf der das allgemeine Können zu erstreben wäre mit dem klaren Blick auf den
ganzen Wirkungskreis. Ohne solche Maßnahmen würden nicht so manche talent-
volle Schüler, zumal solche mit geringen Mitteln, Gefahr laufen, halbfertig ihren
Beruf aufzugeben und Schiffbruch zu leiden.

Vielfach erscheint auch die finanzielle Frage als ein Grund für die Befehdung
der Kirchenmalerei. Im allgemeinen kann man annehmen, daß die Ausmalung
einer städtischen Kirche einschließlich Gerüst, Lohn, Gold, Material und des
ganzen Bilderapparates die Summe von 13- bis 15000 Mark erfordert, und schon
diese beweist die Geringfügigkeit des Verdienstes gegenüber den Opfern, die
ein Porträt oder eine Landschaft auferlegt. Die Kunst im Dienste der Kirche
verlangt ein ganzes Aufgebot mühseliger Arbeit: die farbigen Skizzen bei Kon-
kurrenzen, die Kostenanschläge, die Vorlagen bei den Behörden, die Einzel-
studien nach Modell, die Kartonzeichnungen, deren Übertragung auf die Wand
und die Ausführungsmittel, Gerüst unter vielfach recht ungünstigen Lichtver-
hältnissen, mithin eine Reihe von Unbequemlichkeiten und Umständen, die
dem Staffeleimaler ganz fremd sind; und bei dem allem so bescheidene Ein-
künfte. — Wer aber seiner Sache sicher ist, nicht Dutzende Proben und Ver-
änderungen vorzunehmen braucht, (was schon aus Haltbarkeitsgründen bedenk-
lich ist), wird auch mit den geringen Mitteln auskommen. — Als eine Art von
Ersatz mögen dann dankbarere Aufträge gelten, wie die Ausführungen von Altar -
und Kreuzwegbildern. — Auch kann bei beschränkteren Mitteln die Ausmalung
von Kirchen dadurch erleichtert werden, daß die Bildmalerei und reichere De-
koration sich auf den Chor beschränkt. — Unter allen Umständen muß die
 
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