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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Witte, Fritz: Die Erziehung des Klerus zur Kunst: Ein Betrag zum Probleme "katholischer Kulturwille"
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0041

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Nr. 2____________ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.____________31

Lebens sitzen, immerhin bildet sie noch ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis
in der Vorwärtsentwickelung der kirchlichen Kunst.

Halten wir das doch vor allem fest: der Kunst h 1 s t o r 1 k e r ist nicht ohne
weiteres auch ein guter Kunst k e n n e r , wenngleich er es sein sollte und sein
muß, will anders er nicht mit Daten und Namen und formalen Äußerlichkeiten
operieren, ohne auf den inneren Zusammenhang und die formbildenden Pro-
bleme sich einzustellen.

Ein unübertreffliches Mittel, mit der Entwickelung der Kunst unserer Tage
in enger Fühlung zu bleiben, ist die fortlaufende Einsichtnahme in eine der be-
deutenderen Kunstzeitschriften, die, ohne den Extremen und der geschichts-
losen Experimentierkunst zu dienen, die verschiedensten Zweige der bildenden
Kunst zu Worte kommen lassen. Wie nennen hier die glänzend ausgestatteten,
auch textlich auf der Höhe stehenden Zeitschriften von Alex. Koch in Darmstadt,
die ihren Weltruf nicht umsonst genießen und als wahre Pioniere deutschen Kunst-
willens in alle Weltteile Eingang gefunden haben : „Deutsche Kunst und Dekoration"
und „Innendekoration". Auf dem Gebiete der christlichen Kunst eine ähnliche
apostolische Rolle spielen zu können, will die „Zeitschrift für christliche Kunst"
anstreben. Nicht in selbstmörderischer Uberhebung, in klarer Erkenntnis der
Schwierigkeiten, aber auch der lohnenden Aufgaben steckt sie sich dieses Ziel.
Der Geistliche, welcher zur Kunst ein Verhältnis gewonnen hat, der ihre
ethischen Werte für die ihm anvertrauten Seelen wie für sich selbst erkannt hat,
wird ganz selbstverständlich auch das Bedürfnis in sich wach werden fühlen,
gute Kunst selber zu besitzen, in seinem Studio, in seinem Empfangs- und
Sprechzimmer, in seiner Kirche. Haltet großen Hausputz! Der billige Kram,
der Schund, das Minderwertige muß heraus, und an seine Stelle muß die Pre-
digt des Künstlers, von Seele zu Seele! Und mag das Bild, die Statue von noch
co lieber Hand, von einem noch so teuren Verein stammen, ist es minderwertig,
gehört es nicht in die öffentlich zugänglichen Räume eines geistlichen Hauses,
denn es ist Symbol der Unkultur. Man sage mir nicht, es fehle den Meisten an
den Mitteln, um gute Kunst zu erwerben. Was von Seiten der Geistlichen und
der Vereine zumeist angelegt wird, reicht völlig aus, um, wenn auch quantitativ
geringere, so doch qualitativ bessere Objekte zu erwerben. Und lohnt sich's nicht,
für eine Marien- oder sonstige Statuette zum guten Bildhauer zu gehen, anstatt
sich eine Gipsfigur aufs Zimmer zu stellen, die in vieltausendfältiger Wieder-
holung nach vollkommen abgenutzter Form allüberall zu finden ist, eine Gips-
figur, die völlig gehalt- und seelenlos mit billigen Sentimentalitäten arbeitet?
Das Mehr an Auslagen möge man wettmachen durch geduldiges Warten, bis der
Überschuß erspart ist. Qualitätsempfinden in der Kunst geht Hand in Hand
mit dem in der Seelsorge überhaupt, erwächst aus derselben gesunden Wurzel:
Wahrhaftigkeit! Vor allem nehmet Euch in acht vor Firmen, die sich das
Mäntelchen des Mäzenatentumes und der Selbstlosigkeit umhängen, in Wirk-
lichkeit aber einzig für ihren Geldbeutel arbeiten! Ich lese in einem frisch
aus der Druckerei kommenden Prospekt, wie eine Gipsheiligenfabrik zugleich
auch Holzplastiken anpreist, und zwar solche in mittelguter und solche
in erster Qualität! Kunst ist niemals mittelgut; was als mittelgut angepriesen
wird ist — katholischer Kultur unwürdig und schädlich; darum fort damit!
Verkauft man Käse oder Seife, mag man von mittlerer Qualität sprechen.
 
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