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Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

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Witte, Fritz: Die Erziehung des Klerus zur Kunst: Ein Betrag zum Probleme "katholischer Kulturwille"
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https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0042

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32 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 2

Die Zeitschrift hofft aber auch dem Bedürfnis nach guter billiger Haus- und De-
votionskunst in allerkürzester Zeit in Verbindung mit dem Schnütgen-Museum
für historische Kirchenkunst entgegenkommen zu können durch eine im größten
Stile arbeitende Organisation, die rein idealen, aber keinerlei geschäftlichen
Zwecken dienen soll. Von der Geistlichkeit ist dann aber zu hoffen, daß sie ein
solches Unternehmen dadurch stützt und fördert, daß sie in den Devotionahen-und
sogenannten Kunstgeschäften den verwerflichen Schund rückhaltlos zurückweist.

Dessen sind wir gewiß: In geistlichen Kreisen wird es keinen verständigen,
die Zeichen der Zeit mit hellem Auge erkennenden Mann geben, der nicht davon
überzeugt ist, daß positive Besserungsarbeit auf dem Gebiete der kirchlichen
Kunst vonnöten ist, daß diese Arbeit aber auch nur dann durchführbar, wenn
der Klerus genügend für sie geschult ist. Und die Möglichkeit dazu besteht ge-
wiß, so gewiß es ist, daß einstmals in verflossenen Jahrhunderten die Geistlich-
keit im wahrsten Sinne des Wortes Trägerin der kirchlichen, wie der Kunst über-
haupt war, einer Kunst, vor der wir heute bewundernd und mit neidendem Herzen
zugleich stehen. Ist dieses Zepter auch für immer der Hand entfallen, Ehrenpflicht
aller Geistlichen, wie jedes Katholiken ist es, der kirchlichen Kunst die alte Köni-
ginnenwürde wiederzuerlangen. Dazu aber bedarf es einer gründlichen verständnis-
vollen Einführung des Geistlichen in das Wesen und Wollen der Kunst, seiner
eifrigen Mitarbeit an den Problemen der Kunst unserer Zeit. Das zu erreichen
müssen wir alles einsetzen. Die „Zeitschrift für christliche Kunst" wird ihrerseits
alles daransetzen, diesen schönen Aufgaben zu dienen; sie hofft dabei auf die
Hilfe und Förderung seitens aller Freunde kirchlicher und profaner Kunst.

Ich gestehe zu, es wird für manche Geistliche große Überwindung kosten,
einmal, das Geständnis überhaupt sich zu machen, daß er auf diesem Gebiete
recht eigentlich gar nicht zu Hause ist, und dann vor allem deshalb, weil es für die
meisten heißen wird: von vorne anfangen. Wahrhaftig! Ein großer Teil des
Klerus muß erst wieder einsehen lernen, daß es einen katholischen Kulturwillen
gibt, der nur wiedererweckt werden muß, ein Kulturwille, der über das Inhalt-
liche hinweg in der Form steckt, Formwille ist. Nach ihm sucht der Mensch;
der Geistliche sollte ihm Führer sein. Es muß soweit kommen, daß es jeder
Gebildete wie der Ungebildete für eine große, für die größte Ehre hält, Katholik
zu sein, weil, nun, weil der Katholizismus einen der modernen Welt entsprechen-
den, für sie geborenen Kulturwillen hat. — Ob es nicht weit besser wäre, der
Geistliche wäre wirklicher geistiger Führer anstatt politischer? Ein für das katho-
lische Ideal begeisterter Kaplan schreibt mir: „Wir müssen aus bloß politischen
Führern geistige Führer werden, wahrhaft .geistig-Geistliche', wie Sailer sagt!"

Nun wäre es wünschenswert, aus geistlichen Kreisen gingen dem Heraus-
geber Zuschriften zu, in denen die Geistlichkeit Stellung nimmt zu den vorhin
in Vorschlag gebrachten Vortragskursen mit praktischen Deduktionen am Ori-
ginale. Ist die Stimmung eine zustimmende, so könnte von hier aus das Weitere
möglichst bald in die Wege geleitet werden. Für Religionslehrer ist jedenfalls
auf mehrfache Wünsche der letzten Zeit hin ein solcher Einführungskursus vor-
gesehen. Hier ist es wichtig, über das Wo, Wann und Wie Vorschläge entgegenzu-
nehmen, sowie Mitteilungen über eventuelle Teilnahme, damit unter möglichster
Berücksichtigung der Wünsche die Vorbereitungen getroffen werden könnten.
Köln. Witte.
 
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