Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 32.1919

DOI article:
Sauerlandt, Max: Ein ottonisches Bronzebecken im städtischen Museum für Kunst und Kunstgewerbe in Halle a. d. S.
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4306#0062

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
50

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 4

Inschrift lautet mit Ergänzung der unten rechts fortgebrochenen acht Buch-
staben ♦ HIE[RVSALEMV]ISIOPACIS, d. h. Hierusalem visio pacis: „Jerusalem,
Bild (oder Erscheinung) des Friedens." Den Außenrand des Medaillons bildet
ein glatter Ringwulst (Abb. 3).

Von der Peripherie des Buckels laufen vier, ein gleicharmiges Kreuz bil-
dende, aus derselben Form gewonnene 3,1 cm breite Bronzeblechstreifen gegen
den Schalenrand, ohne Rücksicht auf das fortlaufende Rankenornament glatt
abgeschnitten, wo sie an den Außenring des Umbo grenzen, bogenförmig aus-
ladend, wo sie den Rand des Beckens berühren (Abb. 4). Glatte Strichwulste und
Perlenreihen fassen auf den Streifen ein lebendig gezeichnetes Dreiblattranken-
ornament, auf den halbkreisförmigen Bandenden ein streng und symmetrisch
komponiertes Rankenschlußstück gleicher Grundform ein. Die Streifen sind
verhältnismäßig gut, im ganzen besser als das Mittelmedaillon erhalten, nur
das halbkreisförmige Schlußstück des unteren und das innere Drittel des
linken Kreuzarmes sind abgebrochen. Die Ränder haben sich hier wie bei
dem Mittelmedaillon teilweise gehoben.

Die den künstlerischen Schmuck des Beckens vollendenden, mit spitzem
Stichel eingerissenen Linienornamente sind, wie die Anschlußstellen zeigen,
erst nach der Auflötung der Reliefauflagen hinzugefügt. Es sind mit dem
Zirkel geschlagene Kreise, die durch freihändig gezeichnete Zickzacklinien ver-
bunden sind. Die teils mit einfachen, teils mit Doppelhnien gezeichneten
Winkel der Zickzackbänder sind mit zarter enger Zickzackstrichelung gefüllt.
Vier zwischen die aufgelöteten Streifen eingravierte, ein zweites Kreuz bildende
Radialstreifen mit durch teilweise Doppelstrichzeichnung perspektivisch wir-
kender, spitz gestellte Rhomben einfassender Bandmusterung, deren Felder zum
Teil die gleiche Zickzackstrichelung aufweisen, wie die Dreiecke der gravierten
Kreisbänder, verbinden diese miteinander. Endlich ist auch die Oberseite des
zentimeterbreiten horizontal umgeflanschten Beckenrandes mit einem schmalen
Bandornament von zwei parallel laufenden Zickzacklinien graviert, deren Spitzen
kurze Radialstnche verbinden. Die so gebildeten Rhomben wirken wie per-
spektivisch gesehene, auf den Langseiten stehende Rechtecke, sie sind ohne
Innenzeichnung geblieben.

Das Becken weist starke Spuren ehemaligen Gebrauchs auf. Abgesehen
von den Verletzungen der aufgelöteten Zierbleche ist die Schalenwand an drei
Stellen geborsten. Zwei unbedeutendere Risse sind mit derben Metallbändern
unternietet, eine ernstere Beschädigung des Randes, von dem hier ein 4 cm
langes Stück fortgebrochen ist, ist gleichfalls unternietet, dazu aber ist hier
auch auf der Schauseite ein 4,5 cm langer und ebenso breiter Blechlappen
aufgelegt. Als diese Reparaturen vorgenommen wurden, fehlte bereits das
halbkreisförmige Schlußstück des unteren Zierstreifens, dessen Stelle der Blech-
lappen zum Teil bedeckt. Wann diese Randsicherungen angebracht wurden,
ist nicht zu bestimmen, ihre Derbheit läßt darauf schließen, daß das Becken
damals schon seiner ursprünglichen liturgischen Bestimmung entfremdet und
in profanen Gebrauch übergegangen war.

Unser Becken kann kein Einzelstück gewesen sein. Die Zierbleche we-
nigstens, die keine einmalige künstlerische Treibarbeiten, sondern kunsthand-
werklich aus vorgeschnittenen Kupfermatrizen gewonnen sind, müssen mehr-
 
Annotationen