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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 36.1911

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Lippold, Georg: Das Bildnis des Heraklit
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https://doi.org/10.11588/diglit.37288#0171

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153

DAS BILDNIS DES HERAKLIT.

(Hierzu Taf. IV).

Die einzige Grundlage für unsere Kenntnis des Por-
traits Heraklits bilden einige Münzen seiner Vaterstadt Ephe-
sos aus dem II.-III. Jahrhundert n. ChrV. Sie zeigen den
— natürlich vollbärtigen—Philosophen ruhig stehend; das
linke Bein ist Standbein. Die Brust ist zum grössten Teil
nackt; ein Mantel liegt auf der linken Schulter auf, ist um
den Unterkörper gelegt und fällt über den vorgestreckten lin-
ken Arm herab, der eine Keule hält. Die rechte Hand ist mit
charakteristischer Gebärde erhoben. Man hat den Eindruck,
dass ein statuarisches Vorbild zu Grunde liegt. Dies wird
bestätigt durch den Vergleich mit einer Marmorstatue aus
Gortyn in Candia (Taf. IV und Abb. 1)% die in allem Wesent-
lichen mit dem Münzbild übereinstimmt und in der ich des-
halb ein Portrait des Heraklit erkennen möchte. Neben der
allein nichts beweisenden Übereinstimmung von Stand- und
Gewandmotiv ist entscheidend der eigentümliche Gestus der
rechten Hand in Verbindung mit der Keule s. Der einzige
Unterschied besteht darin, dass diese bei dem Münzbild im
Arm gehalten, bei der Statue dagegen auf den Boden aufge-
stützt wird. Man könnte zunächst annehmen, der nicht allzu
geschickte Verfertiger der Statue habe sich gescheut, die jm
Arme liegende Keule frei herauszuarbeiten und habe sie des-
halb auf dem Boden aufstehen lassen, wobei sie in enger

t Vgl. Diels, Herakleitos von Ephesos, Titelvignette (Beschreibung der
Münzen in der Einleitung). Bernoulli, Griech. Ikonographie, Münztafel II 4.
^ Gefunden 1 885 auf der Agora von Gortyn; publiciert von Mariani im
American Journal of Archaeology 1 897 I 279 ff. und als 'Asklepiad' erklärt.
s Bei der Statue ist sicher eine Keule gemeint, kein einfacher Stab;
die plumpe Form würde sich ja leicht aus technischen Rücksichten herlei-
ten lassen, aber die bei einem gewöhnlichen Knotenstock sinnlose Ver-
dickung nach unten kann nicht dadurch erklärt werden.
 
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